Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

by Robert Musil | Literature & Fiction |
ISBN: 3499103001 Global Overview for this book
Registered by Martinkus of Gießen, Hessen Germany on 11/27/2009
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Journal Entry 1 by Martinkus from Gießen, Hessen Germany on Friday, November 27, 2009
TB bei RoRoRo; zuerst erschienen 1959 – hier 1966; 139 Seiten; stark vergilbt

Titelbild ist von einer anderen Ausgabe

aus einer Kundenrezension:

"Es gibt Stellen, die wir allein mit unserem Denken nicht überwinden, sondern wir bedürfen einer anderen inneren Gewissheit, die uns trägt." (Robert Musil)

22 jährig schreibt Robert Musil (1880-1942) sein Erstlingswerk. Alfred Kerr zeigte sich so begeistert, dass so die schriftstellerische Karriere Musils begann. Diese Erzählung wurde zu einem großen Erfolg, 1966 so gar verfilmt (Schlöndorff).

Was macht dieses Werk so besonders? Es sind drei Dinge: (1) die fulminante Sprache, die die Tiefen heranwachsender Prozesse und deren innere Dialoge bestens in Szene setzt, (2) gelingt es Musil mit psychologischer Raffinesse diese inneren Dialoge des Zöglings Törless in den gesellschaftlichen Kontext der Herkunftsfamilie, der Gesellschaft (auch der vorgestellt zukünftigen) wie der Peer - Group zu positionieren und (3) versteht er es in brillanter Gegenüberstellung, die Tücken der realen Welt mit den unendlichen Sehnsüchten der Phantasie getriebenen Traum-Welt der Heranwachsenden und deren sexueller Reifung zu verbinden.
Musils Erzählung positioniert drei wichtige primäre Geschehnisse, die zur Verwirrung wie zur Klärung des Lebens Törless beitragen, ein weiteres Erlebnis dient der Klarstellung der eigentlichen Suche nach aktueller und zukünftiger Identität.

Seine Erzählung beginnt mit dem Verlassen des elterlichen Hauses (a), welches gut-bürgerlich ihm Erziehung angedeihen lassen konnte. Seine äußere Welt war geprägt von Norm und Pflicht. Das Ziel seiner Eltern war, ihm den letzten Schliff in einem angesehenen Konvikt zu ermöglichen. Törless mag um die 16 Jahre alt gewesen sein, als er seine "lieben, lieben Eltern" verließ, seine "körperliche Erinnerung an die geliebte Person, die zu allen Sinnen spricht und in allen Sinnen bewahrt wird, so dass man nichts tun kann, ohne schweigend und unsichtbar den anderen zur Seite zu fühlen." Seine gut behütete Vergangenheit im Elterhause ließ keine sinnliche Erfahrung zu, diese fand er stellvertretend in den poetischen Werken von Shakespeare, Goethe und Schiller. Diese erborgten Gefühle trugen ihn über die Jahre hinweg, wo man "selbst etwas bedeuten muss, ohne als Unfertiger etwas bedeuten kann."

Im Konvikt schließt er Freundschaft mit den Jungen Reiting und Beineberg, die ihn zum Besuch einer Prostituierten auffordern, ein wichtiges Erlebnis (b), welches später als Erinnerung in Törless noch Bedeutung hat. Bei der Prostituierten lernt er einen weiteren Schüler kennen, es ist Basini, der nicht wie die beiden anderen aus hohem Hause kommt, sondern sich auf natürliche Weise dem möglichen Erfolg zuwenden muss. Törless erkennt bereits hier eine gewisse Affinität. Basini ist jedoch nicht gelitten, auch deswegen, weil er gegen Regeln verstößt. Dieses Vergehen bleibt jedoch Geheimnis der Gruppe, allerdings mit einer besonderen Verpflichtung. Und so (c) erlebt Törless das Verhalten von Macht aus minderen Motiven. Basini wird versklavt und geschlagen, und dennoch scheint es, dass Basini selbst aus dieser Situation zunächst Vorteile ziehen kann. Törleß jedoch empfindet ungeklärte Indifferenz, ja, er empfindet gewisse Erregung in der tatsächlichen Macht als Strafe und der subtilen, die durch Fragen zum Verlust jeder Klarheit führt.

Über allem, und hier brilliert die Art des Erzählens im Besonderen, ist die Suche Törless nach Identität, nach den Dingen außerhalb des Lebens, der Transzendenz und entscheidend vielleicht die Fragen zu Klärung des inneren Kosmos. So wie er im Park liegend, die Wolken und die freien Bereiche dazwischen entdeckt und mit ihnen sein Blick ins nicht Endende, ins Unendlich schweift, zittert sein Innerstes und Angst zwingt ihn, die Augen davor zu verschließen. Törless empfindet seine Gedanken in neuen Weiten, er fühlt sich entfesselt, die Erfahrung geht über den Verstand, sie ist bedrohlich und vernichtend für ihn. In diesem Moment ging er die Kindheitserinnerungen durch, zwischen Wachen und Träumen begegnete ihm Neues, Ahnungsvolles, das mehr war, als alles andere bisher. Die dunklen Schleier der Sinnlichkeit kamen über ihn, sein sexuelles Erwachen spürte er und die Vorstellung von all dem, was mit ihm geschah entzweite ihn völlig. Alltag und Vernunft waren von nun an der Widerpart eines "bilderdurchzuckten Schweigens". In diesen Momenten versagt das Erkennen den Zusammenhang, jeder einzelne "Augenblick bleibt unverständlich und wird verwirrt, wenn er mit den Ketten des Verstandes zum bleibenden Besitz gefesselt werden soll." Törless durchläuft eine poetische Veränderung vergleichbar Anselmus bei E.T.A. Hoffmann und wechselt sich selbst als Mensch.

Die Lehre der Mathematik bzgl. des Imaginären und des Unendlichen fasziniert ihn und bringt gleichzeitig die Hoffnung auf Klärung seiner ureigensten Fragen. Die Diskussion mit seinem Mathematiklehrer führt zur Erkenntnis, dass in der geschlossenen Welt der Mathematik allein kein Heil zu erwarten ist und die Entdeckung Kants bringt ihn in das noch Unverstandene der Philosophie. Diese verspricht ihm Hilfe für die Fragen des weiten Lebens. Vor allem diese Frage, ob es "ein allgemeines Gesetz gibt, dass etwas in uns ist, das stärker, größer, schöner, leidenschaftlicher dunkler ist als wir?" In jedem Nerv seines Körpers bebt ein ungeduldiges Ja. Und er fühlt sich als Überwinder von Kant, da er sich selbst auf der Spur des Rätsels Lösung wähnte, die er in Aufzeichnungen für sich bannen möchte, wie es Rilkes Malte tat, wie es Valerys Monsieur Teste tat, und wie es Robert Walsers Jakob von Gunten tat.

Seine Beziehung zu den Freunden verändert sich ebenso, wie auch sein Verhältnis zu Basini. So wie er in den Kindheitserinnerungen in Mädchenkleidern eine anerzogene Schein-Affinität zum anderen Geschlecht erwirbt, so entstehen zunehmend homoerotische Empfindungen gegenüber Basini, die in Vollendung der Macht als andere Art der Strafe zur Geltung kommen. Doch diese Strafe entpuppt sich als Macht des einen und als Wollust des anderen und doch werden Empfindungen beider eins. In dem Moment, als Basini, nackt neben ihm liegend im schweigenden Schlafsaal des Konviktes, sich als Diener anpreist, alles für ihn tun möchte, da erkennt Törles sich selbst nicht mehr. Den weiteren Wünschen Basinis ohne Gegenwehr folgend, verlässt er den Pfad der Vernunft und gibt seiner Sinnlichkeit die Oberhand. Dieses Erlebnis ist Entzweiung für Törless, "das bin nicht Ich" sind seine Worte. Und doch spürte er schon lange, spätestens seit dem Besuch bei der Prostituierten von diesem Verlangen. Basini stieß das Tor zum Leben auf, ein Zwielicht vermengte Wunsch und Wirklichkeit, er sah hinter dem Tor die Grenze des Landes Sehnsucht und dieses offene Tor verband nun die äußeren Empfindungen mit dem inneren lodernden Feuer und hüllte ihn ein bis zur Unkenntlichkeit. Diese Gefühlsvereinigung überraschte Törless, und in dieser ersten Überraschung wollte er dieses Gefühl für Liebe nehmen.

Doch es war nur ein Schwanken zwischen Beschämung und Begierde. Diese Ambivalenz löste sich, als Reiting und Beineberg entschieden, die nächsten Strafen gegen Basini durchzuführen. Törless, noch immer schwankend in seiner Ambivalenz, stellt jedoch fest, dass sein Suchen nach der Lösung der Rätsel vorbei sei. Es gibt keine Rätsel, die einfache Botschaft: "Alles geschieht: Das ist die ganze Wahrheit." Und in dieser Gewissheit, zwischen Tag und Nacht, zwischen Leib und Seele, zwischen der Vernunft und dem Gefühl, dem Traum unterscheiden zu können, geht er aus dem Konvikt, selbst gewünscht und hinaus getadelt. Seine Welt hat nun die Ortung des kartesischen Dualismus, er ist Doppelgänger, in beiden zu Hause, er ist wie Anselmus in Hoffmanns goldenem Topf.

Beunruhigend ist das devote und gleichzeitig machtgeile Verhalten von Schülern an Eliteschulen, die nur mit Disziplin nicht gebannt werden kann, wenn dort nicht die Seele frei ins Leben treten darf. Musils Kritik an diesem System, welches er als Kadett durchlaufen musste, zeigt deutlich das Vermisste, aber damit das Wichtige jugendlichen Lebens und beweist bereits a priori, dass ohne Achtung des Lebens, Diktatur und in Folge Vergewaltigung des Einzelnen nahezu unvermeidbar sind.

Musil schuf ein Werk, welches lesesüchtig macht, welches mit Psychologie, Philosophie bestens umzugehen versteht. Musil bringt den Erzähler wunderbar in Szene, auch in die immer wieder auftretende Parallelität der Dialoge. Alles, was es im Leben Beunruhigendes gibt, erlischt, "sobald es in den Tatkreis eines Lebens eintritt", so vielleicht die Quintessenz eines äußerordentlich lesenswerten Romans.

Journal Entry 2 by Martinkus at Goethestraße in Gießen, Hessen Germany on Saturday, November 28, 2009

Released 14 yrs ago (11/28/2009 UTC) at Goethestraße in Gießen, Hessen Germany

WILD RELEASE NOTES:

WILD RELEASE NOTES:

in einer Hülle aufgehängt; am Eingang der Hausnummer 22

Journal Entry 3 by superlovefoxxx from Gießen, Hessen Germany on Saturday, November 28, 2009
first of all i want to say that this is such a great thing. i found the book by chance hanging on a fence on an evening on which i actually didn't want to leave the house. now i'm so glad i did it.
honestly, i haven't read anything yet except of some extracts, but of course i'm going to do it as fast as possible.
and after reading the book, i'm going to leave it somwhere in my town, or anywhere around it.

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