Deutschstunde. SZ-Bibliothek Band 28

by Siegfried Lenz | Literature & Fiction | This book has not been rated.
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Journal Entry 1 by foxquest from Bern, Bern / Berne Switzerland on Saturday, April 23, 2005
Buch der 1000 Bücher
Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag)

Deutschstunde
OA 1968 Form Roman Epoche Moderne
Ein deutsches Phänomen macht Siegfried Lenz zum Thema seines 1968 erschienenen Romans Deutschstunde, seinem erfolgreichsten Werk. Er erteilt eine modellhafte Lektion über die fatalen Folgen unreflektierten Pflichtbewusstseins. Blindes Mitläufertum wird als als gefährliche Schein-Tugend bloßgestellt.
Inhalt: In den 1950er Jahren soll der inhaftierte Ich-Erzähler Siggi Jepsen einen Aufsatz verfassen – über die Freuden der Pflicht. Zwangsläufig kommt ihm sein Vater Jens Ole Jepsen in den Sinn, der in der NS-Zeit pflichtbeflissen Dienst als Polizeiposten im fiktiven Dörfchen Rugbüll tat. Von der Flut der Erinnerungen überwältigt, findet Siggi keinen Anfang. Als Folge des letztlich leeren Heftes muss Siggi wegen Aufsässigkeit eine Einzelhaft verbüßen.
Unter verschärften Bedingungen schreibt er nun wie besessen seine Geschichte: Sie beginnt im Jahr 1943, als der Vater – von oberster Stelle beauftragt – ein verhängtes Malverbot gegen den Künstler Max Ludwig Nansen zu überwachen hat. Ein Auftrag, den der Ordnungshüter zunächst zögerlich, dann umso strenger und unbarmherziger erfüllt – »Befehl ist Befehl«. Auf die erhoffte Mithilfe des Sprösslings kann er nicht zählen, jener entfernt sich vielmehr, wird zum Verbündeten des Malers, warnt diesen und versteckt seine Bilder vor dem Zugriff des uniformierten Vaters. Der Pflicht-Mechanismus des Polizisten nimmt geradezu paranoide Züge an: Das NS-Regime ist am Ende, das Malverbot längst außer Kraft, doch der Vater hört nicht auf, Nansen zu verfolgen. Ebenso zwanghaft hört auch der Sohn nicht auf, den Künstler vor dem Vater zu schützen. Er stiehlt schließlich Nansens Gemälde und muss ins Gefängnis. Nach Abgabe der Strafarbeit ist sich Siggi sicher, die Strafe stellvertretend für den Vater abgesessen zu haben.
Aufbau: Der Roman gliedert sich in eine Rahmenerzählung, in welcher der inzwischen 21-jährige Siggi im Jahr 1954 als Insasse der Jugendstrafanstalt anhand der Strafarbeit die Ereignisse der Jahre 1943 und folgende Revue passieren lässt. Somit bildet die Erinnerung an den eskalierenden Vater-Sohn-Konflikt die Haupthandlung. Als erlebendes und schreibendes Ich verknüpft die die Perspektive dominierende Figur des Siggi Jepsen nicht nur geschickt beide Zeitebenen, sondern beginnt die eigene Rolle zu reflektieren.
Im Zuge eines objektivierenden Niederschreibens und Bewusstmachens vollzieht der jugendliche Protagonist einen Reifeprozess. So wird das Buch von Lenz zur Initiationsgeschichte, mehr noch: zum Entwicklungsroman. Am Schluss des Romans ist Siggi gereift, wenn auch nicht geläutert. Noch kann er nicht viel Neues mit seiner wiedererlangten Freiheit anfangen: »Etwas Neues? Was soll das sein?«
Wirkung: Das Buch gilt bis heute als eine der ersten und wichtigsten literarischen Aufarbeitungen des Dritten Reichs. Verstanden als Demaskierung eines pervertierten Pflichtbegriffs, gelobt als so bahnbrechende wie befreiende künstlerische Auseinandersetzung ist das Werk nicht im Stil einer Moral-Predigt verfasst, sondern in der poetisch-menschlichen, für Lenz typischen Art, Geschichte aufzuarbeiten und zu hinterfragen, verknüpft mit der Verpflichtung der Nachkriegsliteraten, jeglicher Wiederholungsgefahr prophylaktisch entgegenzuwirken. Kritiker bemängeln bei aller epischen Solidität des Romans Schwächen in der formalen Konstruktion, aber auch eine angestrengt traditionell-moralisierende Grundhaltung. Aus heutiger Sicht kann das Buch auch als Zeitdokument für die Vater-Sohn-Konflikte der 1968er-Generation gelesen werden. Zur Popularität des Romans trug auch Peter Beauvais' TV-Verfilmung 1972 bei. R. M.

Kurzbeschreibung
Dem in seiner Zelle Eingeschlossenen drängt sich das Bild des Vaters in die Erinnerung, wie dieser als Polizeihauptwachtmeister in Rugbül, dem »nördlichsten Polizeiposten Deutschlands«, dem international geachteten Maler Max Ludwig Nansen im Jahre 1943 das Malverbot überbringt. Der Vater war außerdem beauftragt, die strikte Einhaltung des Verbots zu überwachen.Siggi, damals zehn Jahre alt, hatte heimlich gemalte Bilder des Malers in Sicherheit gebracht, um sie vor dem Zugriff des Vaters zu schützen, der bis über das Kriegsende hinaus an seiner nun schon krankhaften Pflichttreue festhält. Um diese Geschichte gegensätzlicher Pflichtauffassungen gruppiert sich eine Fülle von Nebenhandlungen, die sich wie selbstverständlich in den weitgespannten Rahmen einfügen.»Die präzise Phantasie des Autors ist auf den Weiten zwischen Torf, Watt und Meer, aber auch in den geduckten Fischerkaten der Menschen mit dem zweiten Gesicht zu Hause. Eine in all ihrer Grenzenlosigkeit und wortkargen Größe doch beklemmend enge Welt aus Vorurteilen und starrer Beharrlichkeit entfaltet sich, mit hinreißender Sprachgewalt und epischer List poträtiert, zum Bild einer Epoche; jene ländliche Welt kleinbürgerlicher Pflichterfüllung, in der die Macht so leicht Wurzeln schlägt.«Stuttgarter Zeitung

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