Joseph Roth, „Hotelbürger" und „Zivilisationsnomade", sagte von sich selbst, daß er nicht schreiben könnte, wenn er einen festen Wohnsitz hätte. In den Jahren des Exils trieb es ihn von Paris aus durch halb Europa: Salzburg und Marseille, Warschau, Amsterdam und Brüssel sind Stationen seiner „Flucht ohne Ende". Immer wieder aber unternimmt er in den späten Romanen und Erzählungen die Reise nach Galizien, in das Land seiner Geburt. Roths Liebe gilt den Verzweifelten und Unglücklichen, den einfachen Menschen seiner Heimat. Obdachlose, Schmuggler, Zigeuner, russische Deserteure, jüdische Krämer, Schriftkundige und Schankwirte bevölkern seine Prosa, die die versunkene Welt des Ostjudentums in farbenbunten und lebensvollen Bildern vor uns erstehen läßt.
Eine dieser unvergeßlich einprägsamen Gestalten ist Anselm Eibenschütz aus dem „Falschen Gewicht". Nach zwölfjährigem pflichtgetreuem Militärdienst verläßt er die Armee, seine eigentliche Heimstatt, und kommt als Eichmeister in ein Städtchen am äußersten Rande der altösterreichischen Monarchie. Ausgestattet mit der schlichten Moral des Soldaten und einer tief verwurzelten Ehrfurcht vor dem Gesetz, tritt er an, Recht und Ordnung durchzusetzen. Die Begegnung mit der verführerisch schönen Zigeunerin Euphemia aber weckt in dem Eichmeister eine nie gekannte, unstillbare Sehnsucht, die ihn plötzlich erkennen läßt, wer er eigentlich ist. Seines äußeren und inneren Lebenshalts beraubt, vermag Eibenschütz nicht mehr, das „Maß und Gewicht der Begebenheiten" festzustellen und zu prüfen. Er verläßt den Weg der Redlichkeit. Unwiderstehlich zieht es ihn zur Schenke des Leibusch Jadlowker, in der die geheimnisvollen Grenzgänger, die Gesetzlosen und Betrüger und auch Euphemia zu Hause sind ....

Neben der Titelerzählung ist hier noch "Die Legende vom heiligen Trinker" zu erwähnen, eine schon fast tragikomische Geschichte, welche wahrscheinlich Roths letztes Werk und gleichzeitig sein Vermächtnis ist.

Das Buch kommt mit zum BC-Brunch ins Espitas.

Galions Buchempfehlungen haben sich immer wieder bewährt - deshalb hab ich dieses beim Brunch mitgenommen

Im Impressum steht u.a. "...Ausgabe für die sozialistischen Länder..."
was immer das auch heißen mag. (kommen im Original etwa irgendwo Bananen vor??? )

Drei sehr gute Erzählungen mit Gefühl, Charme und jede mit einer gewissen Pointe.
Der Korallenhändler in "Der Leviathan" ist eigentlich mein Favorit, aber der eigentliche Höhepunkt dieser Sammlung ist doch "Die Lengende vom heiligen Trinker.

Dieses Buch wird beim Treffen der Dresdner Bookcrosser freigelassen.
Gute Reise!
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