Wandert in die XS-Box!
Viel Spaß damit!

Was für ein hübsches, kleines Buch! Kaum jemand kennt Mozarts frühe Oper Zaide, ich selbst habe sie auch noch nie auf der Bühne gesehen und bin nun gespannt, was Italo Calvino aus dem Fragment gemacht hat. Mit seinen literarischen Fähigkeiten stehe ich etwas auf Kriegsfuß, denn "Der geteilte Visconte" lag mir gar nicht und sein "Reisender in einer Winternacht" war sehr, sehr anstrengend.

Nachdem dieses Werk ein eher kurzes und übersichtlich gestaltetes ist, werde ich es nochmal mit ihm versuchen. Zaide verlässt daher die XS-Book-Box und zieht zu Herrn Geheimrat von Goethe auf einen meiner Lesestapel.

Da es an einer Inhaltsangabe mangelt, hier die (hochinteressante) editorische Anmerkung vom Schluss des Buches:

"Zaide" ist das Fragment eines Singspiels, das Mozart in den Jahren 1779/80 geschrieben hat; der ursprüngliche Auftraggeber ist unbekannt. Als Mozart später in Wien die Gelegenheit erhielt, ein deutsches Singspiel zu schreiben, hat er in der "Entführung aus dem Serail" zwar wieder auf den Stoff und die Gattung zurückgegriffen, doch die "Zaide" blieb unvollendet. Mozart hatte einen alten Freund der Familie, den Salzburger Hoftrompeter und Lokalpoeten Andreas Schachtner, dafür gewonnen, ihm das Textbuch zu schreiben. Überliefert ist das Fragment der "Zaide" in Mozarts Autograph: ohne Titel, ohne Dialoge und vor allem ohne wirklichen Schluss.
Vermutlich war es gerade diese Offenheit, die Calvino reizte, sich mit dem Stoff zu beschäftigen und zu dieser "Geschichte von Liebe und Abenteuern" nicht nur einen möglichen Schluss, sondern mehrere alternative Handlungsverläufe und Schlüsse zu erfinden. Er tat dies wenige Jahre vor seinem Tod auf Bitten von Adam Pollock, dem musikalischen Leiter des Batignano Festivals, wo die "Zaide" in Calvinos Bearbeitung 1981 erstmals aufgeführt wurde.
Die vorliegende Ausgabe ist die erste Veröffentlichung dieses Textes in Buchform. Die kursiv gesetzten Teile, die Texte der einzelnen Musiknummern, stammen von Andreas Schachtner. Sie unterscheiden sich stilistisch deutlich von dem umfangreicheren Erzähltext und den Regieanweisungen, die wir Italo Calvino verdanken.


Mir hat dieses kleine Buch ausnehmend gut gefallen und ich bekam schon während des Lesens größte Lust auf diese Oper, die so selten gespielt wird und von der es nur wenige Aufnahmen gibt. Dem Internet sei Dank, man kann auch da Abhilfe schaffen, recherchieren und musikalische Kostproben genießen - ganz bequem vom Lesesessel aus.

Mit Italo Calvino bin ich wieder versöhnt, bin beinahe sogar bereit, Abbitte zu leisten, weil ihm hier ein wirkliches kleines Meisterwerk gelungen ist. Seine Idee, zu einem relativ märchenhaft-einfachen Stück mehrere Varianten zu schreiben, denen dann wiederum verschiedene Lösungsmodelle angepasst werden, ist nicht nur überraschend, sondern auch überzeugend und in sich schlüssig (was ich bei den beiden bisherigen Büchern längst nicht so empfand).

In Quint Buchholz stand ihm ein kongenialer Partner zur Seite, die Illustrationen sind zauberhaft, im wahrsten und besten Sinne des Wortes.

Ich bin froh, dieses kleine Buch nun endlich gelesen zu haben und glaube nicht, dass ich es so bald wieder hergeben möchte! Auf gar keinen Fall wird es in die Wildnis entlassen, wenn ich mich überhaupt von ihm trenne, dann darf es nur in wirklich gute Hände kommen.

Der Titel passt perfekt zum April-Thema der Challenge zum Abbau des Mt TBR: Gestatten, mein Name ist... Zaide

Von Zaide habe ich mich nun doch getrennt, aber nur, weil ich mir sicher bin, sie auch zukünftig in guten und interessierten Händen zu wissen. seppi76 interessiert sich für Italo Calvino und ich hoffe, er hat ebenso viel Freude mit dem Büchlein wie ich sie hatte.

Das Buch ist irgendwann "zwischen" den Jahren bei mir angekommen und ich habe mich SEHR gefreut!!! Schön ist auch, daß ich schon weiss, wohin es weiterreisen könnte...

Ich hätte das Buch vielleicht an einem anderen Ort lesen sollen, als im winterlichen Gießen, so ist mir einiges von seinem Zauber nur Ahnung geblieben...Immerhin hatten wir heute einen wunderschönen, tiefblauen Himmel, an den ich denken kann, während ich den Eintrag schreibe. Das Spiel, die Bühne, die Tiefe der Kulisse und dann die Verschachtelung der Personen und das offene Ende... das muss Calvino unglaublich reizvoll erschienen sein, kehrt es doch immer wieder. Es ist schade, daß die "Arabeske" (im doppelten und dreifachen Wortsinn) in der Literatur ausgestorben ist und zumindest der Orient als Traum-Projektions-Ziel so nicht mehr existiert. Seine Traumländer kann man sich dann nur manchmal im Geschriebenen zurückerobern.

...und auch dieses Buch reist nach Leipzig zum bedankenswerten Ursprung meiner Wertschätzung des Italo Calvino! Gute Reise!

Und auch dieses schon optisch sehr schöne Buch ist bei mir angekommen. Danke Seppi76. Und dass ich der "bedankenswerte Ursprung [d]einer Wertschätzung des Italo Calvino" bin, war mir noch gar nicht bewusst ;-)

edit: Gelesen und für gut befunden. Sehr außergewöhnliches Leseerlebnis (wie von Calvino nicht anders zu erwarten). Habe allerdings einen großen Teil abends und schon recht müde gelesen (konnte nicht aufhören) und werde es mir später nochmal genauer vornehmen. ;-) Und hätte mal wieder Bock auf Oper!