Christine Brückner ist ungehalten. Es sind so viele berühmte Reden berühmter Männer bekannt. Hatten die Frauen nichts zu sagen? Oder wurde nur nicht überliefert, was sie zu sagen hatten? Diese kulturgeschichtliche Ungerechtigkeit wollte Christine Brückner nicht auf sich beruhen lassen, und so erfand sie Reden für Frauengestalten aus alten Mythen, für Musen, Geliebte, Ehefrauen großer Männer in Literatur und Geschichte, wie sie nach allem, was wir von ihnen wissen, in dieser Weise hätten gehalten werden können. Dabei macht sie aus ihren ungehaltenen Frauen nicht etwa nachträglich moderne Frauenrechtlerinnen, sie zeigtvielmehr - sich dicht an die Überlieferung haltend -, dass Schwäche oft nur als Schwäche erscheint und das Frauen, wenn sie sich ins Leben mischen und gehört würden, stark und mutig sein und manches verhindern könnten - Krieg zum Beispiel oder Leben ohne Liebe.

"In ihren ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen setzt Christine Brückner das Jahrhundertlang übliche Bezugs-Verhältnis zwischen Männern und Frauen voraus, um es danach in seiner Absurdität sichtbar zu machen. Und wie das geschieht - mit wieviel Schalksinn. Einfallsreichtum und amüsantes Umkehren aller Verhältnisse! Und immer gegen den Strich gebürstet." (Walter Jens, Stern)

enthalten sind u.a.:
Ich wäre Goethes dickere Hälfte
Christiane von Goethe im Vorzimmer der verwitweten Oberstallmeisterin

Wenn du geredet hättest Desdemona
Die letzte Veirtelstunde im Schlafgemach des Feldherren Othello

Bist Du sicher, Martinus?
Die Tischreden der Katharina Luther, geborene von Bora

Vergeßt den Namen des Eisvogels nicht
Sappho an die Abschied nehmenden Mädchen von Lesbos

Du irrst, Lysistrate!
Die Rede der Hetäre Megara an Lysistrate und die Frauen von Athen

Triffst Du nur das Zauberwort
Effi Briest an den tauben Hund Rollo

Eine Oktave tiefer, Fräulein von Meysenbug!
Rede der ungehaltenen Christine Brückner an ihre Kollegin Meysenbug

Denkmal für Gudrun Ensslin
Rede gegen die Wände der Stammheimer Zelle

Die Liebe hat einen neuen Namen
Die Rede der pestkranken Donna Laura an den entflohenen Petrarca

Wo hast du deine Sprache verloren, Maria?
Gebet der Maria in der judäischen Wüste

Bist du nun glücklich, toter Agamemnon?
Die nicht überlieferte Rede der Klytämnästra an der Bahre des Königs von Mykene

Ullstein, 168 Seiten, Taschenbuch, mit wunderschönen Zeichnungen bebildert

Dieses Buch wollte ich eigentlich heute morgen ungelesen releasen, ich hatte es in einer ebay-Kiste mitersteigert. Zum Glück habe ich noch mal reingeschaut, und ein feines Stück Literatur gerettet. Ich finde, dieses Buch wäre durchaus einen Ring wert. Wer mag mitmachen?

1. Aldawen
2. Maenade


auf letzten Platz: Astraios

Das Buch macht sich nun (von mir noch ungelesen) auf den Weg zu Aldawen.

Die ungehaltenen Frauen bekommen nun bei mir eine Bühne für ihre Reden. Bin mal gespannt, wie sie geschrieben wirken, denn auf der Bühne habe ich schon mal einige davon gesehen!

Nun bin ich ein bißchen hin- und hergerissen. Sechs der elf Texte kannte ich von einer Bühnenumsetzung als Einpersonen-Stücke und speziell diese fand ich jetzt "nur" gelesen schwächer. Erstaunlich, was die Präsenz einer Schauspielerin selbst bei minimaler Kulisse für einen Unterschied gegenüber dem geschriebenen Wort machen kann! Bei zwei der Frauen ist mir (leider) ihr Kontext nicht bekannt genug, um mit ihren "Reden" wirklich etwas anfangen zu können. Nichtdestotrotz sind es insgesamt aber interessante Sichtweisen auf historische bzw. literarische Situationen, die bevorzugterweise aus Männersicht bekannt sind und solche Perspektivwechsel finde ich immer spannend. Danke an Laborfee für die "Rettung" dieses Büchleins und den Ring.

Ist nun auf dem Weg zu Maenade...

Das Buch ist schon vor einigen Tagen hier angekommen und im allgemeinen Chaos, das hier gerade zu herrschen droht, kurzzeitig untergegangen. Sorry! Leider wird es sich jetzt noch ein bisschen gedulden müssen, bevor ich es lesen kann.

Leider habe ich es noch nicht geschafft, das Buch ganz zu lesen. Aber ich gebe Laborfee recht: Es ist ein feines Stück Literatur! Allerdings braucht es für mich Zeit. Nachdem ich eine Geschichte gelesen hatte, musste ich ersteinmal ein paar Tage darüber nachdenken, bevor ich mich der nächsten ungehaltenen Frau widmen konnte. (Eigentlich ja eine sehr positive Aussage über ein Buch, oder?)
Ich habe inzwischen selber ein Exemplar ererbt und werde dieses Buch nun halb gelesen zu Astraios weiterreisen lassen.

20.7.06
Astraios möchte lieber doch nicht, das Buch geht also heute an Laborfee zurück. Sorry für die Verzögerung!

Ja, da isses wieder, na gut. Mal sehen, was sich noch damit anstellen läßt.

ich hab es mit zum Meet-up genommen, keine Ahnung, wo es gelandet ist :O)

Bei mir ist es gelandet... ich wußte doch, daß mir das Buch bekannt vorkommt. ;-)
Außerdem gilt meine Enthaltsamkeit ja nur Ringen, da bin ich konsequent... manchmal. ;-)