Eigensinn. Autobiographische Schriften. Auswahl und Nachwort von Siegfried Unseld

by Hermann Hesse, Siegfried Unseld | Biographies & Memoirs |
ISBN: 3499148560 Global Overview for this book
Registered by litrajunkie of Pretzfeld, Bayern Germany on 12/9/2022
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Journal Entry 1 by litrajunkie from Pretzfeld, Bayern Germany on Friday, December 9, 2022
Anläßlich einer Freilassung im Wannbach - Büchertauschschrank im Bushäuschen in Pretzfeld, Bayern, Germany entdeckt. Das Exemplar stammt aus dem 23. -37. Tausend Juni 1982.

Klappentext
Hermann Hesse, als Sohn eines deutsch-russischen Missionspredigers und seiner in Ostindien aufgewachsenen Frau 1877 geboren, gilt als einer der größten Erzähler dieses [Anm.: des 20.] Jahrhunderts. Die Nachwirkung seines Werkes hat sich seit dem Tode des Dichters im August 1962 unablässig verstärkt. Hesse gehört heute zu den in aller Welt meistgelesenen Autoren von Weltrang.

Dieser Band sammelt die wichtigsten autobiographischen Texte des Nobelpreisträgers. Sie zeigen eine bewundernswerte Einheit von Leben und Werk, von Denken und Handeln. Wie die Figuren in seinen Werken versagt sich Hesse jeder Anpassung an "Macht und Geld, den Erfindungen des Mißtrauens", und folgt einer Tugend, "die liebe ich sehr, eine einzige. Sie heißt Eigensinn."

Meine Hermann-Hesse-Bibliothek

Journal Entry 2 by litrajunkie at Pretzfeld, Bayern Germany on Friday, December 23, 2022
Das schmale Büchlein mit einer Sammlung autobiografischer Schriften Hermann Hesses hat mir sehr gefallen. Im titelgebenden Text "Eigensinn" stellt er seine Lieblingstugend dar. Er versteht "Eigensinn" nicht als asozialen Egoismus oder festgefahrene Sturheit, sondern als die Entfaltung der Ich-Kraft gegen die Zwänge der Anpassung und der Entmenschlichung, die die Leistungsgesellschaft an uns stellt.

Auch in den anderen Inhalten des Buches fand ich viel Bemerkenswertes und ich genoß es, viele von mir bereits vertretene Meinungen und Haltungen mit Hesses kraftvoller Prosa dargelegt zu bekommen. In diesem Buch möchte ich je und je wieder blättern und mein Wissen auffrischen lassen, daher kommt es in die persönliche Sammlung.

Besonders interessiert hat mich das Kapitel über "Haßbriefe" - zu Zeiten des 1. Weltkriegs gab es noch keinen virtuellen "Shitstorm" im Netz der Netze, aber schon Menschen, die Künstlern bzw. Autoren persönlich angriffen - seinerzeit eben noch per Briefpost.

Markante Zitate
• Aber Geduld ist schwer. Geduld ist für den Geist das Schwerste. Es ist das Schwerste und ist das Einzige, was zu lernen sich lohnt. Alle Natur, alles Wachstum, aller Friede, alles Gedeihen und Schöne in der Welt beruht auf Geduld, braucht Zeit, braucht Stille, braucht Vertrauen, braucht den Glauben an langfristige Dinge und Prozesse von viel längerer Dauer als ein einzelnes Leben dauert, Glauben an Zusammenhänge und Sinne, die keiner Einsicht eine Einzelnen zugänglich sind. (Tagebuch 1920/1921 - Nach einer Krankheit, S. 92)
• Doch ist mein Ideal keineswegs eine Verwischung der nationalen Charaktere zugunsten einer geistig uniformierten Gesamtmenschheit. O nein, es lebe die Mannigfaltigkeit, die Differenzierung und Stufung auf unserer lieben Erde! Herrlich ist es, daß es viele Rassen und Völker gibt, viele Sprachen, viele Spielarten der Mentalität und Weltanschauungen. Wenn ich ein Hasser und unversöhnlicher Gegner der Kriege, der Eroberungen und Annexionen bin, so bin ich es unter andrem auch aus dem Grunde, weil diesen finstern Mächten so viel an geschichtlich Gewordenem, hoch Individualisiertem, reich Differenziertem an menschlicher Kultur zum Opfer fällt. (Worte zum Bankett anläßlich der Nobel-Feier, S. 152)
• Jeder weiß, daß das Greisenalter Beschwerden bringt und daß an seinem Ende der Tod steht. Man muß Jahr um Jahr Opfer bringen und Verzichte leisten. Man muß seinen Sinnen und Kräften mißtrauen lernen. Der Weg, der vor kurzem noch ein kleines Spaziergängchen war, wird lang und mühsam, und eines Tages können wir ihn nicht mehr gehen. Auf die Speise, die wir zeitlebens so gern gegessen haben, müssen wir verzichten. Die körperlichen Freuden und Genüsse werden seltener und müssen immer teurer bezahlt werden. Und dann alle die Gebrechen und Krankheiten, das Schwachwerden der Sinne, das Erlahmen der Organe, die vielen Schmerzen, zumal in den oft so langen und bangen Nächten - all das ist nicht wegzuleugnen, es ist bittere Wirklichkeit. Aber ärmlich und traurig wäre es, sich einzig diesem Prozeß des Verfalls hinzugeben und nicht zu sehen, daß auch das Greisenalter sein Gutes, seine Vorzüge, seine Trostquellen und Freuden hat. Wenn zwei alte Leute einander treffen, sollten sie nicht bloß von der verfluchten Gicht, von den steifen Gliedern und der Atemnot beim Treppensteigen sprechen, sie sollten nicht bloß ihre Leiden und Ärgernisse austauschen, sondern auch ihre heiteren und tröstlichen Erlebnisse und Erfahrungen. Und deren gibt es viele. (Über das Alter, S. 154f)

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