Der Vater, ein im Ersten Weltkrieg hochdekorierter Flottenkapitän, war für die kleine Susan das einzige Vorbild. Zu Hause, erinnert sie sich, war dieser wortkarge Mann, dessen Leben nur in Kriegszeiten einen Sinn zu bekommen schien, selbst zu Tieren freundlicher als zu seiner Frau oder seinem Sohn, Susans älterem Bruder, den er verachtete. Bei seiner Tochter hingegen, die schon als Kind alles Mädchenhafte ablehnte, schienen die väterlichen Ehr- und Männlichkeitsbegriffe auf fruchtbaren Boden zu fallen. So ausgestattet, konnte die heute 91-jährige Engländerin Susan Travers zu "La Miss" werden, der ersten und einzigen Frau, die in der französischen Fremdenlegion diente.

Susan Travers Lebensbericht, die Selbstinszenierung einer Frau, die, inklusive ihrer geplanten Entjungferung in Rom, buchstäblich alles selbst in die Hand nahm. Die Reizlatte hing dabei beständig hoch für die attraktive und burschikos wirkende junge Frau. Finanziert durch eine wohlhabende Tante, tourte Susan als eine Art Vorläuferin heutiger Party-Girls durch Europa. Tennis, rauschende Feste in wechselnden Nobelherbergen, hoher Männerverschleiß, ohne den heroischen Märchenprinzen zu finden, den sie für sich beanspruchte. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erklärte die politisch Ahnungslose in einer Mischung aus Sinnkrise und diffus aufwallendem Patriotismusgefühl, die Front zum neuen Abenteuerspielplatz.

Als Krankenschwester fuhr sie auf einem Transportschiff unter der Flagge des Freien Frankreichs nach Nordafrika und lernte dort den legendären General Koenig -- den späteren französischen Verteidigungsminister -- kennen, dessen Fahrerin und heimliche Geliebte sie wurde. Susans Höhepunkt: Seite an Seite kämpfend mit ihren "Glücksrittern", erlebte sie die furchtbare Schlacht um die von Rommels Truppen belagerte Festung Bir Hakeim.

Britische und amerikanische Kritiken sprechen vom beispielhaften Lebensweg einer patriotischen Prä-Feministin. Tatsächlich? Unwillkürlich an Susans Vater denkend, schält sich zwischen den Zeilen dieses konsalikhaften Wüstenmelodrams mehr und mehr eine prätentiöse Heldenfixierung heraus, die unterhalb der selbstgesteckten Messlatte aus Ansprüchen und Großtaten das Leben kaum mehr wahrzunehmen schien. --Ravi Unger

Im Atrium, im zweiten Regal, wenn man von der Bäckerei aus reinkommt.