Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln 1943 - 1945

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Journal Entry 1 by litrajunkie from Pretzfeld, Bayern Germany on Wednesday, February 24, 2021
Bücherkauf während des Lockdowns ist recht langweilig, weil es nur online geht. Vorgestern über das Internet bei meiner örtlichen, inhabergeführten Buchhandlung in Ebermannstadt bestellt, gestern hat es ein reitender Bote kostenlos in meinen Briefkasten geworfen. Heute habe ich den Rechnungsbetrag überwiesen. Schneller, bequemer und billiger kann das auch kein Urwaldstrom. Das Bild zeigt die Flagge von Jersey.

Klappentext
Während die Besetzung der britischen Kanalinseln durch die Wehrmacht in den Jahren 1940 bis 1945 in Deutschland vergessen ist, ist sie in Großbritannien durchaus im kollektiven historischen Bewusstsein präsent. Anders als an der »Ostfront« errichteten die Deutschen auf Guernsey, Jersey und Alderney zwar kein auf Vernichtung der Zivilbevölkerung abzielendes Terrorsystem, doch auch hier geschahen Kriegsverbrechen, waren Tote zu beklagen, wurden Zwangsarbeiter ausgebeutet, Juden deportiert. Hans Max Freiherr von Aufseß (1906–1993), Besatzungsoffizier und deutscher Zivilverwalter der Inseln, stammte aus altem fränkischem Adel. Aus der Perspektive seines Standes – überheblich, antisemitisch, dünkelhaft, gleichzeitig teilnehmend, einfühlsam, gebildet, stellenweise auch selbstkritisch – führt von Aufseß während seiner Zeit auf den Inseln Tagebuch. Dieses Tagebuch ist eine Quelle für die Geschehnisse auf den »Islands«, vor allem ist es aber der Blick auf das Innenleben eines deutschen Besatzungsoffiziers während einer hierzulande kaum bekannten Episode aus dem großen Drama des Zweiten Weltkriegs. Gerade die Ambivalenz des Freiherrn macht das Tagebuch lesenswert. Er ist kein tumber »Nazi«, aber auch kein Widerständler. Der Nationalsozialismus ist ihm ästhetisch und habituell unangenehm, den deutschen Angriffskrieg hinterfragt er trotzdem nicht. Die häufig diskutierte Frage nach Handlungsspielräumen des Einzelnen im Angesicht von Terror und Unmoral stellt sich dem Leser der Tagebücher unmittelbar.

Meine Hans-Max-Freiherr-von-Aufseß-Bibliothek

Journal Entry 2 by litrajunkie at Pretzfeld, Bayern Germany on Tuesday, April 6, 2021
Wie fühlt es sich an Besatzer zu sein? In "The Moon is Down" hat John Steinbeck das romanhaft verarbeitet, in "Suite française" stellte es Irène Némirovsky aus der Perspektive des mehr oder weniger unter der Besatzung leidenden Volkes dar, Hans Max von Aufseß läßt uns in seinen Tagebüchern durch die Täterbrille schauen.

Bei aller Subjektivität eines solchen Unterfangens kann man aber an den Fakten - spätestens bei der Übergabe an die britischen Truppen nach der Kapitulation der Wehrmacht - ablesen, daß er es erfolgreich unternommen hat, der Zivilbevölkerung unbillige Härten zu ersparen, Heißsporne in den eigenen Reihen zu zähmen und stets auf einen fairen Ausgleich der naturgemäß widerstreitenden Interessen zu achten. Allerdings enthalten die Aufzeichnungen auch einige anitisemitische bzw. anderweitig rassistische Phrasen. Diese entsprachen zwar dem damaligen Zeit(un)geist und waren vielleicht sogar in der öffentlichen Rede nachzuplappern, um sich nicht selbst einer Verfolgung auszusetzen, wenn man sie aber ins Tagebuch schreibt, muß man sie leider auch gegen sich gelten lassen. Hier hätte ich dem Freiherrn mehr Selbständigkeit im Urteil gewünscht - andererseits hat er die kompromittierenden Stellen auch nicht vernichtet um sich so vor der Nachwelt scheinbar reinzuwaschen. Wie hätte man selbst unter diesen Umständen gehandelt? Gerade die aktuelle Corona-Krise zeigt, daß es schwierig ist, sich in einer Welt, die von heute auf morgen auf den Kopf gestellt wird, untadelig oder auch nur "richtig" zu verhalten. Kürzlich las ich "Die heilige Johanna" von Shaw, der im Vorwort feststellt: "Socrates has to drink the hemlock, Christ to hang on the cross, and Joan to burn at the stake, whilst Napoleon, though he ends in St. Helena, at least dies in his bed there; and many terrifying but quite comprehensible official scoundrels die natural deaths in all the glory of the kingdoms of this world, proving that it is far more dangerous to be a saint than to be a conqueror" (eigene Übersetzung: Sokrates muß den Schierlingsbecher trinken, Christus am Kreuz hängen, Johanna auf dem Scheiterhaufen brennen, während Napoleon zwar auf St. Helena endet, dort aber wenigstens in seinem Bett stirbt. Viele schreckliche, uns aber verständliche, offiziell als skrupellos und verbrecherisch eingestufte Menschen sterben mit allen Ehren der weltlichen Königreiche eines natürlichen Todes und beweisen damit, daß es viel gefährlicher ist, ein Heiliger als ein Eroberer zu sein).

Der Herausgeber stellt die Texte in den historischen Kontext und zeigt auch andere Quellen auf, die z. B. von den durch Hans Max von Aufseß beschriebenen Menschen stammen. Wieder Shaw: "A man always describes himself unconsciously whenever he describes anyone else" (eigene Übersetzung: Ein Mensch beschreibt sich unbewußt selbst, wann immer er andere Menschen beschreibt). Bei den Datumsangaben wird zwar akribisch das Jahr ergänzt - was ich hätte entbehren können, da sich dieser Wert ja nur sehr selten ändert - aber leider nicht der Wochentag hinzugefügt, was ich für eine viel wichtigere Information halte. Orts- und Personenregister fehlen leider, was es schwierig macht, bestimmte Äußerungen wiederzufinden. Die Fußnoten sind sehr ausführlich und übersetzen sowohl fremdsprachliche wie auch mundartliche Wendungen ins (Hoch-)Deutsche.

Wichtiges Zeitzeugnis, das auch heute noch relevant ist und mit großem Gewinn gelesen werden kann.

Markante Zitate
  • Bei den immer schwieriger werdenen Verhältnissen fasziniert mich immer mehr die Überzeugung, daß es überall einen anständigen und damit auch rechtlichen oder zumindest gerechtfertigten Weg gibt. Am Ende gibt es auch einen anständigen Weg zu sterben und immer bleibt die Möglichkeit des Selbstmordes als unzerstörbares Kapital des Anständigbleibens. (Tagebuch 2, Mittwoch, 1944-10-18, S. 172)
  • Es liegt ein eigentümlicher Reiz im Lesen fremdsprachiger Bücher. Man liest sie gezwungenermaßen konzentrierter und wird dementsprechend noch mehr von ihnen gefesselt. Die Bindung mehr an das zu übersetzende Wort ließ es mir schon immer möglich sein, im vollen Lärm ringsum zu lesen, während bei der Mühelosigkeit beim Lesen der deutschen Sprache die Gedanken leicht abirren und anderswo teilnehmen können. Man ist gleichsam wie beim Überschreiten eines schmalen Steges ganz auf jeden Schritt konzentriert und kann nicht nebenbei Landschaftsbetrachtungen anstellen. Manche Worte haben einen nicht genauen Sinn für einen. So arbeitet man mitschöpferisch an seiner Auslegung und wie ein Kind, das mehr hinter die Worte setzt und eigene Bilder dahinter erträumt. Endlich sind dem vielgeübten Leser manche Redewendungen im Deutschen zu geläufig, um sich über die Ausdruckskraft noch zu wundern und zu erfreuen, während man in der fremden Sprache auch hier ganz Kind und naiv und überraschungsfähig ist. Jeder geistig tätige Mensch sollte aus diesem Grund schon Fremdsprachen üben. (Tagebuch 2, Dienstag, 1944-10-31, S. 192f)
  • In geistigen Dingen wie Organisieren, Urteile-fällen, Erziehen bekommt es der Arbeit schlecht, wenn sie nicht mit genügend Zeit in grosser Hetze geschehen muss. Alle diese Dinge brauchen einen inneren Widerhall, der bei zu schneller Reflexion gleichsam nur kurzwellig in den hohen Tonlagen wiedergegeben wird, während die langen Wellen die tieferen Überlegungen fehlen. Es bleibt trotz der Masse des Geleisteten ein unbefriedigtes Gefühl zurück, wie wenn etwas doch nicht richtig geschehen sei.. (Tagebuch 3, Samstag, 1945-01-13, S. 264)
  • Durch gemeinsame Neigungen kommt man ja immer am ehesten einem Menschen nah vorausgesetzt, dass das gemeinsame Objekt nicht eine begehrenswerte Frau ist. (Tagebuch 4b, Freitag, 1945-04-27, S. 363)
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    efell - Lesechallenge 2021
    B - Küche - 10 Bücher
    23. Fischgericht - Handlung spielt am Meer

  • Journal Entry 3 by litrajunkie at Wanderparkplatz an der St 2188 in Aufseß, Bayern Germany on Tuesday, April 13, 2021

    Released 3 yrs ago (4/13/2021 UTC) at Wanderparkplatz an der St 2188 in Aufseß, Bayern Germany

    WILD RELEASE NOTES:

    Wo könnte man dieses Buch passender auswildern als in Aufseß?

    Auf dem Weg in die Arbeit wetterfest verpackt auf dem Brotzeittisch des Wanderparkplatzes abgelegt.

    Are you sure you want to delete this item? It cannot be undone.