Die Geschichte der Zulu, Xhosa, Venda oder Tsonga, um nur einige der südafrikanischen Völker zu nennen, die hier mit ihren Märchen zu Wort kommen, wurden etwa um die Jahrhundertwende gesammelt und aufgezeichnet. Sie erzählen von Häuptlingstöchtern, die in gefährliche Abenteuer verwickelt werden, von Frauen, die statt Kinder nur Krähen zur Welt bringen, von mächtigen Ungeheuern, merkwürdigen Fabelwesen oder hilfreichen Tieren. Ungeachtet der phantastischen Verkleidung, spiegeln sich in all den Geschichten aber auch die Formen und Normen des alltäglichen Lebens, die Erfahrungen einer uns fremden, aber gerade deshalb reizvollen Welt. Sie machen uns mit dem traditionellen Leben der Völker Südafrikas bekannt vor allem mit ihrer ganz eigenständigen Art und Weise, in komischen oder ernsten Geschichten die gesammelten Erfahrungen, Wünsche oder Ängste zum Ausdruck zu bringen. Im Unterschied zur Literatur anderer afrikanischer Länder spielt die Volksliteratur in der Belletristik Südafrikas bisher kaum eine Rolle, und noch immer ist der Ausspruch des südafrikanischenRomanciers und Erzählers Alex La Guma (1928-1985) aktuell: " Wir können mit Sicherheit voraussagen, dass der Tag der Befreiung auch der Tag der Entdeckung unserer literarischen Traditionen sein wird."