Nebel im August: Die Lebensgeschichte des Ernst Lossa
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Dazwischen liegt ein Leben, das manches mal gar nicht als solches bezeichnet werden kann, weil Ernst unter Bedingungen leben muss, die einfach nur unmenschlich und grausam sind. Seine Eltern sind Jenische, werden aber von den Behörden einfach als Zigeuner bezeichnet, Ernst zieht mit ihnen und den jüngeren Geschwistern von Ort zu Ort, der Vater betreibt Handel. Zur Geburt des 4. Kindes lässt sich die Familie kurzfristig in Augsburg nieder, da sie aufgrund des Herumreisens sowieso schon den Behörden aufgefallen sind. Danach macht sich der Vater wieder alleine auf den Weg, die Mutter ist krank und schließlich nehmen die Behörden ihr alle Kinder weg. Ernst wird von seinen Geschwistern getrennt und kommt in ein Kinderheim, damit beginnt seine Odyssee durch ein Land und eine Zeit in der er einfach keinen Platz hat und niemand ihm einen Platz geben will.
Im Heim gilt er als verhaltensauffällig, denn er stiehlt hin und wieder. Niemand fragt nach den Gründen oder seinen Gedanken, man schiebt ihn von Heim zu Heim bis er schließlich - trotz seiner eindeutigen Gesundheit - einige Jahre später in einer psychiatrischen Anstalt in Kaufbeuren landet. Dort freundet er sich mit einem Pfleger an, doch als er allzu deutliche Fragen über die plötzlich ansteigende Zahl von Toten, die vorher scheinbar ebenso gesund waren wie er, stellt, muss er dem unabwendbaren Ende entgegen sehen.
Dieses Buch ist Muss für jeden Deutschen! Es beschreibt eindrücklich und unter die Haut gehend den menschenverachtenden Umgang der Nationalsozialisten mit Menschen, die nicht in in die Norm passen - in diesem Fall ein kleiner Junge, der einfach nur ein paar Dinge für sich besitzen und glücklich sein will. Es ist für den Leser einfach nicht zu fassen, dass hier Menschen getötet werden, weil sie zu viel essen und scheinbar nichts leisten - einfach nur schrecklich. Aber gerade daraus sollte jeder seine Lehren ziehen und wo immer möglich für das Leben eintreten.
Dieses Buch ist kein Roman, auch wenn er als solcher geschrieben ist. Es ist nicht zum Genießen und ganz sicher nichts für gemütliche Abendstunden, aber es muss gelesen werden. Manch einer mag sich vielleicht an der etwas gewöhnungsbedürftigen Sprache stören und vor allem den Worten, die der Autor Ernst manchmal in den Mund legt und die so unpassend scheinen für einen kleinen Jungen. Aber darüber sollte man hinweg sehen, denn diese Erzählung basiert auf einer wahren, sehr gut recherchierten Lebensgeschichte - leider - und wird einem nie wieder aus dem Gedächtnis gehen. Die Dinge, die man hier über Heime und psychiatrische Anstalten zur Zeit des Nationalsozialismus erfährt will man vielleicht gar nicht wissen, aber man sollte!
Mein Tipp: Lesen, nachdenken, handeln, damit so etwas nie wieder passieren kann!
Auch das Nachwort des Autors erklärt vieles, wenn man von "unwertem Leben" und Gnadentod liest, wird einem ganz anders.
Ich glaube, mit diesem Buch hat der Autor versucht, sich in Ernst Lossa hineinzuversetzen und ihm eine Stimme gegeben.
Ich habe mal einen Zeitungsartikel über Ernst Lossa (bzw. über dieses Buch) gelesen. Ein wichtiges Thema, das nicht in Vergessenheit geraten sollte.
18. Februar 2023
Ein beeindruckendes Buch. Hier kann ich nicht, wie sonst so oft, schreiben, dass ich dieses Buch gern gelesen habe - aber es ist gut, dass es dieses Buch gibt.
Ja, es stimmt - der Autor legt dem vier-, fünfjährigen Ernst manchmal Worte in den Mund, die ich einem Kind im Vorschulalter nicht zutrauen würde. Aber soviel künstlerische Freiheit darf sein. Und wer weiß, vielleicht war Ernst tatsächlich nicht nur verhaltensauffällig, sondern auch sprachbegabt? Weil er nicht ins System passte, blieb ihm die Chance, seine Talente zu entwickeln, versagt. Und trotzdem hat er das Leben anderer Menschen, wie zum Beispiel seine Mitpatienten oder Pfleger Max, berührt.
So einen biografischen Roman zu schreiben ist sicher eine große Herausforderung und das Recherchieren eine Fleißarbeit. Gut, dass sich Robert Domes dieser Aufgabe gestellt hat. Möge uns Ernst Lossa in Erinnerung bleiben. Und mögen die Geschehnisse von damals uns eine Mahnung sein.
Released 2 mos ago (2/10/2024 UTC) at Casa Italiana in Velten, Brandenburg Germany
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Released 1 mo ago (2/23/2024 UTC) at BücherboXX am Gleis 17 in Grunewald, Berlin Germany
WILD RELEASE NOTES:
Im Bild sieht man die alte, durch einen antisemitischen Anschlag ausgebrannte BücherboXX Gleis17.
Am 23. Februar 2024 um 12 Uhr wird die neu errichtete und gestaltete BücherboXX Gleis17 eröffnet. Wir wünschen ihr ein langes Leben und reiches jüdisches Leben rund um im Kiez & mehr!
An allem Unfug, der passiert,
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