Diesen Buchtipp hab ich aus einem Exemplar der Zeitschrift "Buchkultur", die mir weisserstier dankenswerterweise zum Schmökern weitergibt.

Vom Klappentext:
"Alles ist anders, als man denkt. Alles, was ist, kommt irgendwoher."
Helen Cerny lebt zurückgezogen in ihrem Stadthaus und widmet ihr Leben dem liebevoll angelegten Garten und ihrer Komposttoilette. Das aktuelle Weltgeschehen interessiert sie nicht mehr, bis - ihr gegenüber eine neue Nachbarin einzieht. Berta ist das genaue Gegenteil von Helen, sie will die Welt durch Taten und Aktionen verändern.
Bald dringen irritierende Schlagzeilen ins Gartenidyll, ein Waffenlobbyist erleidet einen Jagdunfall, Pensionsvorsorgefonds werden gehackt, die Aufregung nimmt schier kein Ende. Der ganz große Knall kommt, als Helens Freundin Toni zu einem alternativen Sommerfestival im Garten einlädt....
Parallel zum Geschehen in der Gegenwart erzählt Nadja Bucher Helens Familiengschichte. Eine Generation folgt der nächsten und trägt doch immer schwere Rucksäcke mit den Altlasten der vorigen mit sich. Einmal mehr bewahrheitet sich eine ewige Gewissheit: Alles ist anders, als man denkt.

Die Lebensphilosophie der Protagonistin dieses Buches - Helen Cerny - lautet: unsere einzige Daseinsberechtigung hier auf Erden besteht darin, zu scheißen. Den Ausscheidungen des menschlichen Organismus wird ihrer Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt - ja es wird sogar alles mögliche unternommen, um dieses Thema weiterhin zu tabuisieren. Dabei ist es die natürlicheste Sache der Welt und enorm wichtig, weil Grundlage für die Bildung qualitativ hochwertigen Humus, der bekanntermaßen wiederum seinerseits qualtitativ hochwertige Pflanzen hervorbringt.
Nicht nur dieses ungewöhnliche Thema greift Nadja Bucher in ihrem Buch auf. Der Handlungsbogen erstreckt sich über beihnahe hundert Jahre. Hilfreich ist das vorangestellte Familienverzeichnis - besonders im fortgeschrittenen Lesestadium, wenn bereits vier Generationen aufeinandertreffen. Mit viel Humor und Kurzweiligkeit beschreibt sie die prägenden Lebensgeschichten der einzelnen Familienmitglieder, deren Charaktere unterschiedlicher nicht sein können: vom klassisch biederen Familienbild bis zur Hippie-Komunenbewohnerin ist alles dabei.
In diesem Buch ist so vieles kompakt verarbeitet - von den beiden Weltkriegen bis zur Kritik am heutigen Wirtschaftssystem -, plastisch dargestellt durch eindrucksvolle Charaktere. Ein wirklich, wirklich empfehlenswertes Buch, das viel Witz enthält aber auch viel Platz zum Nachdenken läßt.

geht mit besten Gruessen weiter an weisserstier

jetzt bei mir-danke!

Auf mehreren Wegen wird der Leser zum Finale geführt: Zum einen sind das Schlagzeilen zum aktuellen politischen und wirtschaftlichen Geschehen. Dann erfährt man im Journal der Hauptdarstellerein Helen über ihr zurückgezogenes Leben und ihre Veränderung angeregt durch die neue Nachbarin vis-a-vis. Weiters erfährt der Leser in Episoden über Schlüsselerlebnisse der Vorfahren von Helen und schliesslich deutet sich das Finale in den Verhörprotokollen von Helens bester Freundin Toni an.
Der Roman lest sich ganz gut und hat insbesonders durch seine manchmal skurilen Szenen (Herstellung von "Schwarzer Erde") einige Lesehöhepunkte. Ich finde jedoch, dass in diesem Buch etwas zuviel Verschiedenes zusammengepackt wurde. Zum einen die durchaus interessante Familiengeschichte der Vorfahren der Hauptperson, dann Konsumkritik, dann ein psychologischer Entwicklungsroman, dann ein Wirtschaftskrimi, dann ein Emanzipationsroman, dann eine Satire. Alles für sich alleine hätte genug Stoff für ein Buch gehabt, wenn es hier weiter und tiefer gegangen wäre. So bleibt am Ende vieles in der Luft hängen und die verschiedenen Stränge der Handlungen werden mir am Schluss zu schnell und schludrig zusammengeknüpft.
Aber insgesamt ein interessantes Buch, das hervorsticht und sich abhebt von allem anderen und dadurch durchaus zu empfehlen ist.

Geht mit Dank an die Lektüreempfehlung zurück an musterblume.

Vor Ewigkeiten wieder bei mir gelandet