Ludwig Renn

by Dt. Kulturbund (Hg.) | Biographies & Memoirs |
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Journal Entry 1 by wingLilliannewing from Wilmersdorf, Berlin Germany on Tuesday, May 22, 2012

Aus dem Privatbestand für die Lese-Challenge ausgewählt.
Wird im Rahmen der Lese-Challange von lady-liberty gelesen.

Der Autor ist gelistet in dem Buch der verbrannten Bücher von Volker Weidermann

Ludwig Renn ist im Kapitel 3 "Fünf Männer im Krieg - und eine Frau" mit den Autoren Edlef Köppen, Arnold Zweig, Oskar Wöhrle und Erich Remarque sowie der Autorin Adrienne Thomas portraitiert.

Er hat das Buch "Krieg" 1928 als einfacher Frontsoldat - fast mit kindlich naiver Schreibweise geschrieben. Es kommt schon an das Genre des Comics, wenn man liest, was Weidermann zitiert: "Ramm! ramm! ramm! ramm!". Oder "Gramm" rapp! rapp! bramms! kräck! ramm!". So hat der Frontsoldat den Krieg erlebt und so steht es auch auf dem Umschlag des Buches, das ein Massenerfolg wurde.
Der Autor selbst hieß damals, 1928, als das Buch erschien, noch gar nicht so, sondern eigentlich Arnold Friedrich Vieth von Golßenau, und entstammte einem sächsischen Adelsgeschlecht. ... Er quittierte den Dienst an der Waffe erst, als er beim Kapp-Putsch 1920 auf revolutionäre Arbeiter schießen sollte. ... Im Jahr des Erscheinens seines Buches trat er der Kommunistischen Partei bei und nahm einfach den Namen seines Romanhelden an. (S. 43)


Als ich das Buch antiquarisch erwarb, hatte ich nur so eine Ahnung ... es war zwar bei mir unter Nationalsozialismus verankert gewesen, mehr aber auch nicht. Ich bin nun gespannt, wie ich es unter dem neuen Aspekt er-lesen werde.

Das vorliegende Büchlein ist eine Ausgabe von 1964 zum "75. Geburtstag des Dichters". Diese Schrift hat daher Vortrags- und Veranstaltungsmaterial gesammelt. Viele interessante Beiträge, wie z. B. Anna Seghers Vortrag zu seinem Roman "Krieg" sind hier nachzulesen.

Hier gibt es noch Biographische Daten des DHM zu Ludwig Renn

Journal Entry 2 by wingLilliannewing at Wilmersdorf, Berlin Germany on Friday, June 8, 2012

Nun ist es gelesen und somit kann ich die oberen Bemerkungen zu dem Buch von Renn, das auf der Liste der verbrannten Bücher steht, auch mehr beurteilen. Obwohl in dem kleinen Band nur ein Auszug zu lesen war, so konnte ich doch zusammen mit den Hinweisen von Renn persönlich, mir einen guten Überblick verschaffen.

Renn ist mir auch in den anderen Büchern, sie ich aus dieser Zeit lese, über den Weg gelaufen. gerade zuvor in dem Band von Wibke Bruhns, Meines Vaters Land. Da ist in einem Tagebuchabschnitt ihres Vaters HG am 28. Februar 1933 von der Verhaftung Renns zu lesen.

Renn war aktiv im Ersten Weltkrieg Offizier und berichtet daher aus erster Hand in seinem Roman "Krieg". Wie er dazu kam schreibt er in seinen Aufzeichnungen.

Er hat auch unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges und der Tatsache, dass er auf die Menschen schießen sollte, die am Röhm-Putsch beteiligt waren, seine Militärlaufbahn beendet. Auch er war ein Suchender, allerdings hat er die Bewegung des Nationalsozialismus abgelehnt. Sein Weg ging über die Kommunistische Partei und nach etlichen Auslandsaufenthalten 1947 60-jährig zurück nach Dresden. Dort wurde er Professor für Anthropologie an der Technischen Hochschule Dresden und Direktor des dortigen kulturwissenschaftlichen Institutes berufen. 1951 übersiedelte er nach Berlin, wo er an der Humboldt Universität Vorlesungen über chinesische Kulturgeschichte hielt und sich wieder der schriftstellerischen Arbeit widmete. Von da an bearbeitete er auch seine Aufzeichnungen, die er in den Haftjahren 1933/34 geschrieben hatte und führte sie zur Veröffentlichung. Thema: Seine Erinnerungen an die Kinder- und Jugendjahre, seine Fußwanderung durch Europa in den Jahren 1926/27 sowie über Begegnungen mit Menschen (z. B. "Morelia", erschienen 1950).
Aus der Grußadresse von Anna Seghers erfahren wir, dass er "auch in der Zeit der Verfolgung und Haft, im spanischen Bürgerkrieg, in der Emigration und jetzt wieder daheim, ... sein gelebtes und geschriebenes Leben zu einem Ganzen in seinem Werk [wird], in dem er sich zugleich erinnert und aufbaut."

Der Jubilar selbst überlässt uns einen Blick in sein Innerstes, wenn er schreibt, wie er zu dem Roman "Krieg" kommt:
"... Die verlogenen Berichte über den Siebziger Krieg hatten in uns ganz falsche Vorstellungen hervorgerufen. Freilich hatte ich einen verdacht gegen den Bericht. Ich hatte den Bericht eines russischen Offiziers über den Russischen-Japanischen Krieg gelesen. Das Buch hieß "Rasplate". Den Verfasser habe ich vergessen. Hier musste ich die Genauigkeit bewundern, mit der berichtet wurde, und ich beschloß, auch so unbestechlich zu berichten, wenn es zum Krieg käme, den jeder erwartete, der eine voll Hoffnung, der andere ablehnend. Ich wünschte ihn (Anm.: der Erste Weltkrieg] herbei, für mich persönlich, zugleich schämte ich mich aber, daß mir mein persönlicher Vorteil höher stände als die Allgemeinheit.
Da kam der Krieg.
Als der Krieg kam, war ich unsicher in meinem ganzen Wesen und unzufrieden mit meinen äußerlich so glänzenden Verhältnissen.
[..]
In diesen Tag fiel Mann auf Mann von denen, die ich ausgebildet hatte und die ich genau kannte. Da geschah etwas Sonderbares: Zuerst war ich nur erstaunt. Dann versuchte ich, es mir zu erklären. Niemand verstand mich, und ich merkte selbst, daß man mich nicht verstehen konnte, weil ich es selbst nicht begriff. Ich schrieb in Briefen davon, vergebens. ich setzte mich hin und versuchte, es für mich zu schildern, um mir über das Rätsel klar zu werden. Immer wieder habe ich das versucht und es nicht fertig gebracht. Der Erfolg meiner Bemühungen war nur, daß dabei im Laufe der Zeit eine Schilderung des Krieges von etwa dreitausend Schreibmaschinenseiten entstand und saß ich mich mit den verschiedenen Wissenschaften befaßte, um mein Rätsel zu lösen."

Das war 1914, Renn war Frontsoldat und so mit seinen Leuten verbunden, dass er sich schämte, "in einem solchen Feigheitskeller zu wohnen", weil er als vom Kompanieführer zum Regimentsadjudant befördert wurde und nunmehr in einer "Villa wohnte, die gegen den Beschuß durch einen riesigen Bau aus Baumstämmen und Steinen geschützt war."

Das ist die Grundhaltung Renns, die auch zu der Absonderung von den Offizieren führte. Er konnte das arrogante Verhalten nicht verstehen und hat sich daher immer wieder an die Front versetzen lassen. Er fühlte mehr mit den Soldaten als mit den Offizieren.

"Ein einfaches ehrliches Leben wollte ich führen. Und ich wollte den Krieg so schildern, wie ihn vielleicht etwas romantisches Ideal eines einfachen, ehrlichen Menschen erleben müßte. Dazu legte ich die Erzählung einen meiner ehemaligen Untergebenen in den Mund, dem Gefreiten Degenkolb. Das konnte ich um so leichter, als ich von seinem wirklichen Leben sehr wenig wußte und ihm daher alles unterschieben konnte, was mir in meinen Plan paßte. Nirgends ist es ausgesprochen , aber überall ist eine Bindung zwischen den Menschen da. Es konnte nicht ausgesprochen werden, weil es nur eine Gefühlshilfe war. An einer Verstandesbindung, an einem Ziel, das man in Worten ausdrücken könnte, hatte ich ja verzweifelt. Mein Held gehorcht, weil er nicht weiß, um welches Zieles willen er nicht gehorchen sollte. Wegen dieses Gehorsams lieben die Nationalisten mein Buch. Sie brauchen solche Ludwig Renns, die blind gehorchen und die kein Ziel mehr haben, weil man ihnen alle zerstört hat. Sie brauchen sie für ihre Reichswehr und für ihre Bürgerkriegsorganisationen.
Mein "Krieg" ist also ein Übergangswerk, wie seine Auffassungen Übergangsauffassungen sind. Nur in einer Übergangsstellung war eine solche Art Objektivität möglich, wie sie die Erzählung zeigt. Es ist keine wirkliche Objektivität, die es überhaupt nicht geben kann, sondern eine Dichtung, die ihre richtige und falsche Seite hat."

Renns Roman "Krieg" wurde auf die Liste der verbotene Bücher gesetzt - auch weil er Kommunist war.

Ich bin hier ausführlicher auf Ludwig Renn eingegangen, weil es so wenig darüber zu lesen gibt. In diesen Zusammenhängen erschließt sich ein neues Bild der Geschichte. Ich danke für dies Bücher.


Fast gleiche Geschichte, fast gleiche Herkunft und doch so anders, schildert Wibke Bruns die Zeit ihres Vaters, Hans Georg Klamroth (1898-1944). Auch er war im ersten Weltkrieg Offizier, erlebte den Nationalsozialismus, ist allerdings elf Jahre jünger als Renn und ist stolz in einer rein arischen Sippe zu leben und wird im Umfeld der Mitwisser um das Attentat des 20. Juli erhängt, weil er seinen Schwiegersohn nicht verraten hatte.

Ludwig Renn (1889-1979; eigentlich Arnold Friedrich Vieth von Golßenau) hingegen quittiert seine Militärlaufbahn, reist in de weite Welt und kehrt 60-jährig zurück in seine Heimat, und erlebt den sozialistischen Kommunismus in der DDR. Wie konnte er bei seinen humanistischen Idealen die Politik der DDR so verkehrt einschätzen?

Gelesen im Rahmen der Lese-Challenge von lady-liberty, gesammelt auf dem erweiterten Shelf.

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