vorablesen-Exemplar

Klappentext:
Hamburg 1895: Die junge Greta Voss hat großes Talent zum Kochen, und zwischen Töpfen und Pfannen fühlt sie sich am wohlsten. Als sie ihre Stellung als Hilfsköchin verliert, ist sie verzweifelt. Bis Siggo, ein Fuhrunternehmer, ihr neue Aufträge vermittelt, denn seine Mutter bringt ihr das Konditorhandwerk bei. Bald sind ihre Torten in der ganzen Stadt beliebt, und Greta könnte glücklich sein - gäbe es da nicht ein großes Geheimnis, das auf ihrer Seele lastet und ihre Liebe zu Siggo unmöglich macht.

Das erste, was mir positiv auffiel, als ich das Buch in Händen hatte, waren die Rezepte im Anhang, - war mir doch schon in der Leseprobe aufgefallen, wie appetitanregend hier das Essen beschrieben wird. Diese Essensbeschreibungen sind auch eine große Stärke des Buchs: Man meint förmlich zu riechen und zu schmecken, was hier alles an Suppen, Eintöpfen, Braten, Plätzchen, Kuchen und Torten gekocht und gebacken wird (und das ist nicht wenig). Auch vom Essen abgesehen sind die Beschreibungen so bunt und plastisch, dass das Hamburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit all seinen Geräuschen, Gerüchen und Farben förmlich zum Leben erwacht. Besonders interessant hier, der Kontrast der einsetzenden Moderne mit elektrischen Straßenbahnen und Automobilen zu der althergebrachten Lebensweise.

Bei einem so farbenfrohen Bild ist es dann fast verzeihlich, dass die Handlung, nun ja, recht platt ist: Sie besteht aus einer Aneinanderreihung an Versatzstücken, die man so schon an vielen anderen Stellen gelesen zu haben glaubt (Nur um ein paar Beispiele zu nennen: der Bösewicht, der seine verdiente Strafe bekommt; der Schnösel, der im Ausland zum besseren Menschen heranreift; das unschuldige, blinde Mädchen, das schließlich doch geheilt werden kann). Dazu kommt es, dass die Handlung damit teilweise fast überladen wird. Irgendwann wird es ziemlich unglaubwürdig, was noch alles für Schwierigkeiten auftauchen. Weniger wäre hier manchmal mehr gewesen.

Auch stilistisch gibt es einige Unsauberkeiten: Der ständige Wechsel der Erzählperspektive wirkt auf mich eher störend. Eine Beschränkung auf ein oder zwei Perspektiven wäre angenehmer gewesen. Stattdessen bekommt hier fast jede kleine Nebenperson ihren eigenen Abschnitt. Und was soll hier diese Sonderstellung Lenis?

Ein wenig störend wirkt auch dieses historische "Name-dropping". Es geht mir vielleicht noch ein, dass sich ein hamburger Armenarzt, mit der Arbeit Robert Kochs auseinander gesetzt hat; aber, dass er bei einem depressiven Patienten sofort an Freud denkt, erscheint mir doch ein wenig unglaubwürdig.

Dass das Buch mir, trotz dieser Mängel, positiv im Gedächtnis bleibt, ist auch den Personen zu verdanken. Besonders der Straßenjunge Oliver hat es mir angetan, der mit seinen Freunden direkt einem Dickens-Roman entsprungen scheint. Und auch die Hauptfigur Greta hebt sich wohltuend von ihren Kolleginnen aus ähnlichen Romanen ab, ist sie doch nicht einfach eine moderne Frau in einem historischen Kostüm, sondern eine glaubwürdige Vertreterin ihrer Zeit.

FAZIT: Wer anspruchsvolle Handlungen und gekonnte Sprache sucht, ist hier definitiv falsch. Wer dagegen auf der Suche ist, nach einer leichten Unterhaltung für zwischendurch ist, der kommt hier voll auf seine Kosten. Der Roman hat den nötigen Schuss Romantik, ohne dabei kitschig zu werden. Wie die Obsttorten, die Greta und Gerlinde backen: Süß, aber nicht zu süß.

Geht an den/die Gewinner(in) der Februar-Verlosuing. Viel Freude damit!

Das Buch ist heute im Rahmen der Februar-Verlsoung zu mir gekommen. Vielen lieben Dank dafür!

08. 06. 2011:
Ich habe das Buch als das genommen, was es sein möchte: ein Roman zur Unterhaltung. Und als solcher hat er mir recht gut gefallen, und natürlich war der Ausgang vorhersehbar. Geschichts-Unterricht erwarte ich hier nicht. Immerhin hat die Autorin im Anhang noch einen kurzen Abriss gegeben, wie die Lebensbedingungen der Dienstboten zu jener Zeit waren.
Vielen Dank noch einmal für das Buch.

Das Buch geht an Gila. Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen.