Rabenkrächzen - Eine Chronik aus Oberschwaben

by Maria Beig | Literature & Fiction |
ISBN: 3518374117 Global Overview for this book
Registered by blups25 of Bonn, Nordrhein-Westfalen Germany on 1/7/2011
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Journal Entry 1 by blups25 from Bonn, Nordrhein-Westfalen Germany on Friday, January 7, 2011
Ich kannte Maria Beig bisher nicht, und dass auf dem Cover auch noch ein (lobendes) Nachwort von Martin Walser angekündigt wird, klang eher wie eine Drohung. Ich habe Walser mal live bei einer Lesung erlebt, den Rest möge sich der geneigte Leser dieser Zeilen nun selber zusammenreimen. Ich war daher eher skeptisch, zumal der Untertitel des Buches Eine Chronik aus Oberschwaben versprach - das klang wenig mitreißend. Aber Frau Beig hat mich positiv überrascht!

Rabenkrächzen ist kein Buch mit viel "Action". In leisen Tönen erzählt Maria Beig vom Leben auf vier durch Verwandtschaft miteinander verbundenen Bauernhöfen. Erzählerin ist eine der sieben Töchter vom Hanghof (insgesamt gibt es dort 14 Kinder), die auch die Geschehnisse am Berg-, Weiher- und Bachhof mit verfolgt. Es war am Anfang gar nicht so einfach, sich da einzufinden. Nicht umsonst hat der Verlag eine Generationenübersicht ans Ende des Buches gestellt, denn viele Personen haben keinen Namen - oder aber Vater und Sohn tragen denselben. Das macht es zunächst etwas schwierig. Ich habe das Kapitel Ort, Zeit und Menschen zwei Mal gelesen und mir bei der Wiederholungslektüre eine eigene Übersicht gemalt - das half enorm. Die Geschehnisse auf den Höfen werden recht nüchtern erzählt. Der Stil zwingt zum langsamen Lesen, was gut zum langsamen Leben auf den Höfen passt. Hier wird Landwirtschaft vor der Erfindung diverser Maschinen betrieben. Echte Handarbeit, auch wenn zum Schluss des Buches die Moderne Einzug hält. Hier scheint sich zugleich auch die Geschichte viel schneller abzuspielen. Am Ende bleibt ein Hof übrig, ein Bauer bewirtschaftet das Land, das früher vier beackert haben. Diese letzten Seiten möchte man eigentlich nicht lesen, weil sie den Zauber der Geschichte jäh brechen, die auch jäh aufhört.

Es war kein leichtes Leben, was damals gelebt wurde. Es wurde viel gestorben und auch viel geboren, es gab Kriege. Beig erzählt das alles sehr unsentimental, und doch mitreißend. Ich werde - sicher nicht sofort aber doch - auch noch in ihre anderen Bücher hineinlesen. Dieses hier war auf jeden Fall das Lesen wert.

[Das Buch ist Teil der Überlebensbibliothek, es wird dort geführt in der Kategorie "Wer die Heimat nicht vergessen will, lese ...". Rabenkrächzen ist reserviert für zunächst Aprille und dann Amandil, die beide auch die Überlebensbibliothek rauf und runter lesen. Begleitet werden die sieben Raben dabei von einem kleinen Distelfinken.]

P.S. Wie ich zufällig sah: Dies ist mein Buch No 1.350 - und ich habe immer noch verdammt viel Spaß an bookcrossing!

Journal Entry 2 by Aprille at Bochum, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, January 15, 2011
Dieses Buch war gestern in der Post.
Ja, es stimmt, dass ich das Konzept der Überlebensbibliothek interessant finde. Besonders neugierig hat mich seinerzeit die Tatsache gemacht, dass Rainer Moritz siebzehn Bücher in diese Bibliothek aufgenommen hat, die ich bereits kannte. Und diese mir bekannten Bücher schätze ich alle sehr. Ich habe dann - einen ähnlichen Lesegeschmack vermutend - einige seiner Empfehlungen gelesen und der Eindruck, dass Rainer Moritz ähnlich liest wie ich, hat sich durchaus bestätigt.
Die größte Entdeckung war für mich bisher Sibylle Berg, deren Erstling Moritz in der Kategorie "Wer seine Mitmenschen für tolle Typen hält, lese..." empfiehlt, während ihr "Letztling" (Der Mann schläft) mein Buch 2010 wurde.
Nun liegt also "Rabenkrächzen" auf meinem Bücherstapel. Gut, dass ich mir für 2011 nicht vorgenommen hatte, diesen möglichst klein zu halten...

Journal Entry 3 by Aprille at Bochum, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, June 27, 2011
So, nun habe ich "Rabenkrächzen" gelesen.
Das erste Wort, das mir kommentierend einfällt, ist "lapidar".
Maria Beig bemüht sich nicht um den Leser. Sie ordnet persönliche Erinnerungen, erwähnt Menschen, an die sie sich erinnert, die ihr Leben prägten; erwähnt Zustände, an die sie sich erinnert, die ihr Leben prägten; nennt Ereignisse, an die sie sich erinnert, die ihr Leben prägten; beschreibt landschaftliche Details, an die sie sich erinnert, die ihr Leben prägten.
Der Leser kommt trotz der beigefügten Übersicht über die Personen auf den vier Höfen nicht so recht mit.
Ich habe das Buch bis zur Hälfte gelesen und dann noch einmal von vorne angefangen. Dann habe ich das Buch zu Ende gelesen. Was bleibt? Die geschilderten Personen bleiben vage wie Scherenschnitte. Man ahnt, welche der sieben Schwestern hier berichtet. Ich weiß nicht genau, was ihr wichtig war. Sie zeigt, wie wenig menschliche Nähe trotz jahrelanger räumlicher Nähe zwischen den Geschwistern existiert. Sie verdeutlicht, wie und wodurch die Menschen ihre Umwelt nach und nach veränderten. Die Landschaft verliert durch Industrieansiedlungen und Zersiedelung ihre Schönheit, die Wohnhäuser werden funktioneller, aber ungemütlicher, die Menschen werden reicher, zugleich aber ärmer, weil die Naturschönheit ihrer Lebenswelt für immer verloren ist.
Rainer Moritz, der dieses Buch bekanntlich in die "Überlebensbibliothek" aufgenommen hat, nennt ein Wort, dessen merkwürdigem Klang er selbst kritisch gegenübersteht, das dem Leser jedoch - wenn auch unausgesprochen - einfällt, wenn er dieses Buch liest: Heimat.
"Heimat", meint er, hänge eng zusammen mit "Kindheit". Wie prägend die Kindheit für das ganze Leben ist, weiß inzwischen wohl fast jeder. Andererseits hört man auch, dass es "nie zu spät ist, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben" (wird sowohl Milton Erickson, als auch Erich Kästner zugeschrieben).
Maria Beig schildert zu Beginn ihres Buches "Rabenkrächzen", dass die meisten Schwestern nicht bereit sind, sich mit ihrem einzigen noch lebenden Bruder auszusöhnen. Wohl deshalb, weil sie meinen, er habe ihnen die "Heimat" genommen, der sie lange schon den Rücken gekehrt haben. Sie wohnen nicht mehr im "Paradies", das bei näherer Betrachtung nie eines war, wünschen aber, dass es unverändert bestehen bleibt.
Maria Beig sucht Schuldige und findet eine Schuldige: die Zeit. Das ist nicht neu.
Tempora mutantur nos et mutamur in illis.
Das Buch ist nicht uninteressant: es ist ein Heimatbuch ohne Kitsch, eine Familienchronik ohne Entschuldigungen und Beschönigungen.
Aber es ist mir zu lapidar erzählt.
Martin Walser verteidigt diesen Erzählstil mit dem Vergleich zwischen Wiesensalbei und Gartensalbei und lobt die Kunstlosigkeit des Werkes.
Ich fühle mich an "Herbstmilch" von Anna Wimschneider und naive Malerei erinnert.
Sollte "Hochzeitslose" einmal meinen Weg kreuzen, werde ich es lesen, wohl in der Hoffnung, dass dieses Buch einige der zahlreichen Leerstellen füllen könnte, die "Rabenkrächzen" beim Leser hinterlässt.
Danke für das Buch, liebe Blups. Es reist demnächst wunschgemäß nach Münster, wo sich gerade eine prägende Kindheit ereignet.

Journal Entry 4 by Aprille at Bochum, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, July 5, 2011

Released 12 yrs ago (7/5/2011 UTC) at Bochum, Nordrhein-Westfalen Germany

CONTROLLED RELEASE NOTES:

Reist um 17.30h ab Postamt Bochum-Weitmar-Mark an die Ufer des Aasee.
Gute Reise und eine gute Zeit beim Lesen!

Journal Entry 5 by Amandil at Münster, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, July 13, 2011
Vielen Dank, ihr Lieben für das Buch. Leider müssen sich momentan alle Bücher hier im Haus auf längere Wartezeit einstellen - aber gerne gesehen sind sie allemal. Einen besonderen Platz haben die Bücher aus der Überlebensbibliothek auch. Dies wird sich dazu gesellen!

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