Sein Großvater hat dem Kaiser in der Schlacht bei Solferino das Leben gerettet. Sein Vater ist ein pflichtbewusster Beamter der k.u.k. Monarchie. Doch Carl Joseph von Trotta, Enkel des 'Helden von Solferino' und Offizier wider Willen, ist sensibel und zartbesaitet. Während die alten Gewissheiten zerbröckeln, sucht er Ablenkung von seiner Schwäche im Spiel, im Alkohol, bei den Frauen.

Anhand von drei Generationen der Familie von Trotta schildert Joseph Roth Glanz und Verfall des Habsburgerreichs - mit diesem Roman über sein Lebensthema schuf Joseph Roth sein Meisterwerk.

Lange Zeit habe ich mich vor dieser Lektüre gedrückt, weil sie gar so bedrohlich umfangreich wirkte, aber nachdem ich mir selbst vorgenommen hatte, den Folgeband "Kapuzinergruft" zu lesen, bevor ich das eigentliche Bauwerk besichtigen würde, musste ich zwangsläufig mit dem Radetzkymarsch beginnen. Zusätzlich passt die April-Aufgabe der Challenge zum Abbau des MtTBR hervorragend, denn Joseph Roth war einer der vielen und bekannten Autoren, die auf der Liste der Nazis standen, nach der ihre Bücher verbrannt wurden.

Nun aber zum eigentlichen Buch. Kurz gesagt: Es hat mir sehr gut gefallen. Etwas ausführlicher ausgedrückt: Es ist eine lohnenswerte Lektüre für Menschen, die eine etwas aus der Mode gekommene, aber noch immer geschliffene Sprache schätzen und sich darauf einlassen, kurze Momente über viele Seiten hinweg beleuchten zu lassen. Inhaltlich springt der Radetzkymarsch vor und zurück, ist letztlich das verbindende Glied zwischen den Gererationen und die einmalige Heldentat des Großvaters ist ein häufig zitiertes Moment in den Leben der nachfolgenden Generationen. Mitunter könnte man sie als Fluch bezeichnen, meist jedoch wird sie aus der Mottenkiste geholt, wenn drohendes Unheil abgewendet werden soll.

Glanz und Gloria des habsburgischen Kaiserreiches verblassen und gehen unter - parallel dazu die Familiengeschichte der von Trottas.

Empfehlen kann ich das Buch von der ersten bis zur letzten Zeile und ich überlege nun, wem ich es anvertrauen kann, damit es in gute Hände kommt.

Dieses Buch reist nach Berlin, um bei der UnConvention im Mai auf dem Büchertisch zu landen oder anlässlich der Veranstaltung zum 79. Jahrestag der Bücherverbrennung freigelassen zu werden. Ich selbst werde mit dem Zug kommen und leider erst am Freitag, also bedauerlicherweise erst nach der Gedenkveranstaltung, deshalb schicke ich alles, was schwer ist und pünktlich dort sein soll, schon vorab.


Bei Joseph Roth handelt es sich um einen der Autoren, deren Bücher im Mai 1933 in Berlin auf dem Opernplatz und in vielen anderen deutschen Städten von den Nazis in die Flammen geworfen wurden. Eine erschreckend umfangreiche Liste ist hier einzusehen: http://www.buecherlesung.de/liste.htm

Möge das Buch noch viele Leser finden und sich Bücherverbrennungen niemals mehr wiederholen - weder hier noch anderswo.