Die Reiterarmee.
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In 34 Kurzgeschichten entwirft Isaak Babel ein Gegenbild zur offiziellen Darstellung des Feldzugs, der im Namen der bolschewistischen Revolution den Kommunismus zu verbreiten, die neuen Gebietsansprüche der Polen zurückzuschlagen und die Konterrevolution zu bekämpfen hatte.
Entstehung: Unter dem Pseudonym Kirill Ljutow (»der Grausame«), das seine jüdische Herkunft verdecken sollte, nahm Isaak Babel 1920 als Korrespondent am polnisch-sowjetischen Krieg teil. Er war der Roten Reiterarmee unter General Semjon Budjonny zugeordnet, der eine steile Sowjetkarriere machte. Babel hielt seine Beobachtungen in einem Tagebuch fest, das durch glückliche Umstände erhalten geblieben ist – erstmals unverändert wurde es in der deutschen Übersetzung 1990 veröffentlicht. Die Erzählungen der Reiterarmee wurden 1923–25 einzeln publiziert und erschienen 1926 als Zyklus. Spätestens zu dieser Zeit begann die Entstellung des ursprünglichen Textes durch Eingriffe der Zensur. Authentische Ausgaben wurden erst 1990 auf Russisch und 1994 auf Deutsch herausgebracht.
Inhalt: Babel führt die später erfolgreich vertuschte Realität eines Terrorzugs, der wider die Ideale einer kommunistischen Armee in willkürlichen Massakern und Plünderungen an Gegnern sowie Bevölkerung, mit Judenpogromen und sogar in antisowjetischer Haltung eine breite Blutspur hinter sich herzog, in einprägsamen Bildminiaturen vor Augen. Am Beispiel der Schicksale u. a. von Kriegern, Juden, katholischen Diakonen und Künstlern lässt er die Widersprüche der revolutionären Bewegung aufeinander prallen: So stößt die »Ethik« des Kriegers, der seinem Gefährten den Gnadentod gibt, mit der »Ethik« des Intellektuellen zusammen, der sich die Fähigkeit zum Töten erfleht. Weitere Kontraste bilden die Kraft der Kämpfer, ihr eigenes Leben genauso wenig zu schonen wie das ihrer Opfer, das Leiden der Tiere und des Landes unter den nicht weniger leidenden Soldaten, der Intellektuelle, der mit seinen Idealen der Revolution in Konflikt mit den Kämpfern gerät, welche den Kommunismus verbreiten sollen, durch die Eskalation der Gewalt aber bloßstellen, oder der Jude, der mit der Zeit gehen will und in der Vernichtung der erstarrten jüdischen Kultur von Wolhynien und Galizien Verlustschmerz bei gleichzeitiger Unaufhebbarkeit seiner Bindung an die Tradition erlebt.
Aufbau: Die Erzählungen enthalten historische Fakten, die ihren Wahrheitsanspruch betonen. Babel verarbeitet jedoch die Referenzen frei nach künstlerischen Gesichtspunkten, so dass Widersprüche mit den geschichtlichen Gegebenheiten entstehen, aber die tiefere Wahrheit sich umso deutlicher abzeichnen kann.
Extreme Kürze und Verdichtung durch Einsatz lyrischer Verfahren lassen die Erzählungen wie Gedichte in Prosa wirken. Statt Handlungen tauchen symbolträchtige Momentaufnahmen auf, die oft ganze Geschichten in sich bergen. Der Ich-Erzähler Ljutow tritt mitunter das Wort an Binnenerzähler ab. In der Erzählweise des Skaz kommt die eigentümliche Sprache der Kämpfer zur Geltung. Ungewöhnliche Bilder, Unbeholfenheit und Naivität der Rede verleihen ihren Erzählungen besondere Expressivität.
Wirkung: Die Zusammenschau von Tagebuch und Erzählzyklus erlaubt den komplizierten Prozess künstlerischer Darstellung gefahrvoller historischer Wahrheit nachzuvollziehen. Babel war massiven Denunziationen durch den General ausgesetzt, der sich und seine Armee verleumdet sah; die für ihn gefährliche Kontroverse um seine ungeschminkte Darstellung des Feldzugs wurde aber beigelegt. H. S. S.
Entstehung: Unter dem Pseudonym Kirill Ljutow (»der Grausame«), das seine jüdische Herkunft verdecken sollte, nahm Isaak Babel 1920 als Korrespondent am polnisch-sowjetischen Krieg teil. Er war der Roten Reiterarmee unter General Semjon Budjonny zugeordnet, der eine steile Sowjetkarriere machte. Babel hielt seine Beobachtungen in einem Tagebuch fest, das durch glückliche Umstände erhalten geblieben ist – erstmals unverändert wurde es in der deutschen Übersetzung 1990 veröffentlicht. Die Erzählungen der Reiterarmee wurden 1923–25 einzeln publiziert und erschienen 1926 als Zyklus. Spätestens zu dieser Zeit begann die Entstellung des ursprünglichen Textes durch Eingriffe der Zensur. Authentische Ausgaben wurden erst 1990 auf Russisch und 1994 auf Deutsch herausgebracht.
Inhalt: Babel führt die später erfolgreich vertuschte Realität eines Terrorzugs, der wider die Ideale einer kommunistischen Armee in willkürlichen Massakern und Plünderungen an Gegnern sowie Bevölkerung, mit Judenpogromen und sogar in antisowjetischer Haltung eine breite Blutspur hinter sich herzog, in einprägsamen Bildminiaturen vor Augen. Am Beispiel der Schicksale u. a. von Kriegern, Juden, katholischen Diakonen und Künstlern lässt er die Widersprüche der revolutionären Bewegung aufeinander prallen: So stößt die »Ethik« des Kriegers, der seinem Gefährten den Gnadentod gibt, mit der »Ethik« des Intellektuellen zusammen, der sich die Fähigkeit zum Töten erfleht. Weitere Kontraste bilden die Kraft der Kämpfer, ihr eigenes Leben genauso wenig zu schonen wie das ihrer Opfer, das Leiden der Tiere und des Landes unter den nicht weniger leidenden Soldaten, der Intellektuelle, der mit seinen Idealen der Revolution in Konflikt mit den Kämpfern gerät, welche den Kommunismus verbreiten sollen, durch die Eskalation der Gewalt aber bloßstellen, oder der Jude, der mit der Zeit gehen will und in der Vernichtung der erstarrten jüdischen Kultur von Wolhynien und Galizien Verlustschmerz bei gleichzeitiger Unaufhebbarkeit seiner Bindung an die Tradition erlebt.
Aufbau: Die Erzählungen enthalten historische Fakten, die ihren Wahrheitsanspruch betonen. Babel verarbeitet jedoch die Referenzen frei nach künstlerischen Gesichtspunkten, so dass Widersprüche mit den geschichtlichen Gegebenheiten entstehen, aber die tiefere Wahrheit sich umso deutlicher abzeichnen kann.
Extreme Kürze und Verdichtung durch Einsatz lyrischer Verfahren lassen die Erzählungen wie Gedichte in Prosa wirken. Statt Handlungen tauchen symbolträchtige Momentaufnahmen auf, die oft ganze Geschichten in sich bergen. Der Ich-Erzähler Ljutow tritt mitunter das Wort an Binnenerzähler ab. In der Erzählweise des Skaz kommt die eigentümliche Sprache der Kämpfer zur Geltung. Ungewöhnliche Bilder, Unbeholfenheit und Naivität der Rede verleihen ihren Erzählungen besondere Expressivität.
Wirkung: Die Zusammenschau von Tagebuch und Erzählzyklus erlaubt den komplizierten Prozess künstlerischer Darstellung gefahrvoller historischer Wahrheit nachzuvollziehen. Babel war massiven Denunziationen durch den General ausgesetzt, der sich und seine Armee verleumdet sah; die für ihn gefährliche Kontroverse um seine ungeschminkte Darstellung des Feldzugs wurde aber beigelegt. H. S. S.
Kommt mit zum RRT Juni 09 im Unperfekthaus!
Heute im Schlesinger den anderen Harenberg-Listen-Lesern heimlich vor der Nase weggeschnappt *hihi*
Journal Entry 4 by Wasserfall at Kirchheim unter Teck, Baden-Württemberg Germany on Sunday, February 27, 2011
Eine bedrückende Sammlung von Kurzgeschichten. Eines fällt auf: je mehr Bücher aus dem Zyklus der 1000 ausgewählten man liest, desto mehr Parallelen kann man erkennen. Hier bewegten wir uns durch die gleichen Orte wie in der unsichtbaren Flagge oder in Stalingrad...
Für die BergABbauchallenge im Februar 2011 (Fremde Kulturkreise) gelesen.
Für die BergABbauchallenge im Februar 2011 (Fremde Kulturkreise) gelesen.
Journal Entry 5 by Wasserfall at Kirchheim unter Teck, Baden-Württemberg Germany on Sunday, February 27, 2011
Released 13 yrs ago (2/27/2011 UTC) at Kirchheim unter Teck, Baden-Württemberg Germany
CONTROLLED RELEASE NOTES:
Reist im Dankeschön-Paket an RoseOf Darkness :-)
Heute die Sonne im Garten genossen und das kleine Büchlein gelesen.
Die "Reiterarmee" entstand in einer Phase in Babels Leben, in der er vom großen Maxim Gorkij hinausgeschickt worden war, "Das Leben" zu erkunden und mit seinem literarischen Talent zu vereinen. Entsprechend schreibt Babel unglaublich farbig und kraftvoll. Manchmal stehen seine Beschreibungen nah am Klischee, aber sie sind immer eines: wahr und tief empfunden. Oft sind sie grausam und apokalyptisch; auch gewinnen sie an Tiefe, umso mehr man sie mit den historischen Hintergründen der Zeit und Babels Biographie kontrastiert.
Die "Reiterarmee" entstand in einer Phase in Babels Leben, in der er vom großen Maxim Gorkij hinausgeschickt worden war, "Das Leben" zu erkunden und mit seinem literarischen Talent zu vereinen. Entsprechend schreibt Babel unglaublich farbig und kraftvoll. Manchmal stehen seine Beschreibungen nah am Klischee, aber sie sind immer eines: wahr und tief empfunden. Oft sind sie grausam und apokalyptisch; auch gewinnen sie an Tiefe, umso mehr man sie mit den historischen Hintergründen der Zeit und Babels Biographie kontrastiert.
Journal Entry 8 by RoseOfDarkness at -- Per Post geschickt/ Persönlich weitergegeben --, Brandenburg Germany on Sunday, March 13, 2011