Der noble Preis

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Journal Entry 1 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, February 7, 2009
Von jedem Träger des Literaturnobelpreises mindestens je ein Buch gelesen zu haben, das ist nicht ohne. KYHs Challenge-Aufruf war daher Anlaß genug, meine andernorts bereits begonnene Liste hierhin zu übertragen. Und inzwischen ist das Projekt auch (vorläufig, bis zur jeweils nächsten Verleihung) beendet.

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Die Liste


* markiert die Autoren, die mir so gut gefallen haben, daß ich von ihnen noch mehr lesen werde.
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2014 – Patrick Modiano (Frankreich): Eine Jugend
2013 – Alice Munro (Kanada): Das Bettlermädchen
2012 – Mo Yan (China): Das rote Kornfeld
2011 – Tomas Transtömer (Schweden): Sämtliche Gedichte
*2010 – Mario Vargas Llosa (Peru): Das Fest des Ziegenbocks
2009 - Herta Müller (Deutschland): Reisende auf einem Bein
*2008 – Jean-Marie Gustave Le Clézio (Frankreich): Der Afrikaner
*2007 – Doris Lessing (Großbritannien): Afrikanische Tragödie; Mara und Dann
2006 – Orhan Pamuk (Türkei): Das schwarze Buch; Rot ist mein Name
2005 – Harold Pinter (Großbritannien): Die Zwerge
2004 – Elfriede Jelinek (Österreich): Macht nichts
*2003 – John Maxwell Coetzee (Südafrika): Schande; Warten auf die Barbaren; Mr. Cruso, Mrs. Barton & Mr. Foe
*2002 – Imre Kertész (Ungarn): Detektivgeschichte; Roman eines Schicksallosen
*2001 – Sir Vidiadhar Surajprasad Naipaul (Trinidad): Wahlkampf auf karibisch
2000 – Gao Xingjian (China): Der Berg der Seele
1999 – Günter Grass (Deutschland): Katz und Maus
*1998 – José Saramago (Portugal): Eine Zeit ohne Tod
1997 – Dario Fo (Italien): Vier Schauspiele
1996 – Wislawa Szymborska (Polen): Hundert Freuden
1995 – Seamus J. Heaney (Irland): Norden
1994 – Kenzaburo Oe (Japan): Stolz der Toten
1993 – Toni Morrison (USA): Teerbaby
*1992 – Derek Walcott (Saint Lucia): Omeros; Das Königreich des Sternapfels
*1991 – Nadine Gordimer (Südafrika): Fremdling unter Fremden
1990 – Octavio Paz (Mexiko): Das Labyrinth der Einsamkeit
*1989 – Camilo José Cela (Spanien): Der Bienenkorb
*1988 – Nagib Mahfus (Ägypten): Die Midaq-Gasse; Echnaton. Der in der Wahrheit lebt
1987 – Joseph A. Brodsky (USA): Erinnerungen an Leningrad
*1986 – Wole Soyinka (Nigeria): Aké. Jahre der Kindheit; Die Ausleger
1985 – Claude Simon (Frankreich): Die Akazie
1984 – Jaroslav Seifert (Tschechien): Der Halleysche Komet; Alle Schönheit dieser Welt
1983 – William Golding (Großbritannien): Herr der Fliegen
*1982 – Gabriel García Márquez (Kolumbien): Hundert Jahre Einsamkeit; Der Oberst hat niemand, der ihm schreibt; und andere
1981 – Elias Canetti (Großbritannien): Die Stimmen von Marrakesch
1980 – Czeslaw Milosz (Polen): Tal der Issa
1979 – Odysseas Elytis (Griechenland): Maria Nepheli
*1978 – Isaac Bashevis Singer (USA): Die Narren von Chelm
1977 – Vicente Aleixandre (Spanien): Gesicht hinter Glas
1976 – Saul Bellow (USA): Bellarosa Connection
1975 – Eugenio Montale (Italien): Die Straußenfeder
1974 – Eyvind Johnson (Schweden): Zeit der Unruhe
1974 – Harry Martinson (Schweden): Der Weg nach Glockenreich
1973 – Patrick White (Australien): Zur Ruhe kam der Baum des Menschen nie
*1972 – Heinrich Böll (Deutschland): Nicht nur zur Weihnachtszeit. Satiren; Die verlorene Ehre der Katharina Blum
1971 – Pablo Neruda (Chile): Ich bekenne, ich habe gelebt
1970 – Aleksandr Isaevich Solzhenitsyn (Rußland): Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch
1969 – Samuel Beckett (Irland): Mehr Prügel als Flügel
1968 – Yasunari Kawabata (Japan): Ein Kirschbaum im Winter
*1967 – Miguel Ángel Asturias (Guatemala): Sturm; Der grüne Papst
1966 – Nelly Sachs (Deutschland): Ausgewählte Gedichte
1966 – Samuel Josef Agnon (Israel): Nur wie ein Gast zur Nacht
1965 – Michail Aleksandrowitsch Scholochow (Rußland): Sturm über der Steppe
1964 – Jean-Paul Sartre (Frankreich): Geschlossene Gesellschaft
1963 – Giorgos Seferis (Griechenland): Sechs Nächte auf der Akropolis
*1962 – John Steinbeck (USA): Tortilla Flat; Früchte des Zorns
*1961 – Ivo Andric (Bosnien): Die Frau auf dem Stein. Erzählungen; Die Brücke über die Drina
1960 – Saint-John Perse (Frankreich): Anabasis
1959 – Salvatore Quasimodo (Italien): Tag um Tag
1958 – Boris Leonidovich Pasternak (Rußland): Doktor Schiwago
1957 – Albert Camus (Frankreich): Der Fremde
1956 – Juan Ramón Jiménez (Spanien): Platero und ich
1955 – Halldór Kiljan Laxness (Island): Die glücklichen Krieger
*1954 – Ernest Miller Hemingway (USA): Schnee auf dem Kilimandscharo; Indianerlager
1953 – Sir Winston Leonard Spencer Churchill (Großbritannien): Wenn Lee die Schlacht bei Gettysburg nicht gewonnen hätte
1952 – François Mauriac (Frankreich): Fleisch und Blut
1951 – Pär Fabian Lagerkvist (Schweden): Barabbas
1950 – Bertrand Russell (Großbritannien): History As An Art
1949 – William Faulkner (USA): Wilde Palmen und Der Strom. Doppelroman
1948 – Thomas Stearns Eliot (Großbritannien): The Waste Land, Prufrock and Other Poems
1947 – André Gide (Frankreich): Kongo und Tschad; Die Falschmünzer
1946 – Hermann Hesse (Schweiz): Siddharta; Narziß und Goldmund
1945 – Gabriela Mistral (Chile): Motive des Töpfertons
1944 – Johannes Vilhelm Jensen (Dänemark): Des Königs Fall
1939 – Frans Eemil Sillanpää (Finnland): Sterben und Auferstehen
1938 – Pearl S. Buck (USA): Die gute Erde
1937 – Roger Martin du Gard (Frankreich): Das Geständnis
*1936 – Eugene O'Neill (USA): Meisterdramen
*1934 – Luigi Pirandello (Italien): Meistererzählungen
*1933 – Iwan Alexejewitsch Bunin (Rußland): Das Dorf. Frühe Erzählungen
*1932 – John Galsworthy (Großbritannien): The Man of Property (The Forsyte-Saga 1)
1931 – Erik Axel Karlfeldt (Schweden): Fridolins Lieder
1930 – Sinclair Lewis (USA): Babbitt
*1929 – Thomas Mann (Deutschland): Buddenbrooks; Der Zauberberg; Tristan
1928 – Sigrid Undset (Norwegen): Frühling
1927 – Henri Bergson (Frankreich): Das Lachen
1926 – Grazia Deledda (Italien): Schilf im Wind
1925 – George Bernard Shaw (Irland): Der Amateursozialist
1924 – Wladyslaw Stanislaw Reymont (Polen): Die Bauern
1923 – William Butler Yeats (Irland): Irlands Königreich der Schatten
1922 – Jacinto Benavente (Spanien): Der tugendhafte Glücksritter
*1921 – Anatole France (Frankreich): Die Götter dürsten
1920 – Knut Hamsun (Norwegen): Hunger
1919 – Carl Spitteler (Schweiz): Conrad, der Leutnant
1917 – Karl Gjellerup (Dänemark): Der Pilger Kamanita
1917 – Henrik Pontoppidan (Dänemark): Der Teufel am Herd
1916 – Verner von Heidenstam (Schweden): Karl der Zwölfte und seine Krieger
1915 – Romain Rolland (Frankreich): Meister Breugnon
*1913 – Rabindranath Tagore (Indien): Gora
*1912 – Gerhart Hauptmann (Deutschland): Die Ratten; Die Weber
1911 – Maurice Maeterlinck (Belgien): Pelléas und Mélisande
*1910 – Paul Heyse (Deutschland): Novellen
*1909 – Selma Lagerlöf (Schweden): Gösta Berling
1908 – Rudolf Eucken (Deutschland): Deutsche Freiheit. Ein Weckruf
*1907 – Rudyard Kipling (Großbritannien): Die Dschungelbücher; Kim
1906 – Giosuè Carducci (Italien): Odi barbare (Auszüge)
1905 – Henryk Sienkiewicz (Polen): Quo vadis?
1904 – José Echegaray y Eizaguirre (Spanien): Der große Kuppler
1904 – Frédéric Mistral (Frankreich): Mirèio
1903 – Bjørnstjerne Bjørnson (Norwegen): Novellen
1902 – Theodor Mommsen (Deutschland): Das Römische Imperium der Cäsaren
1901 – Sully Prudhomme (Frankreich): Intimes Tagebuch

Journal Entry 2 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, February 7, 2009
Ab hier werden die Kommentare zu Non-BC-Büchern folgen, damit ich oben auch verlinken kann. Diese werde ich aber für die Vor-Challenge-Zeiten nur so nach und nach ergänzen ...

Journal Entry 3 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, February 24, 2009
Gerhart Hauptmann: Die Weber

Auslöser dafür, dieses Stück vor inzwischen gut 20 Jahren zu lesen, war eine Aufnahme von Heinrich Heines Im düstern Auge keine Träne (Die schlesischen Weber) der Gruppe Liederjan. Entstanden 1847 war es (wie Hauptmanns Drama auch) inspiriert von den Weberaufständen in den Jahren zuvor. Die Wut über die herrschenden Verhältnisse, die darin zum Ausdruck kommt, und meine eigene damalige „revolutionäre“ Gesinnung vermengten sich zu einem hinreichenden Interesse, um das Thema der frühindustriellen Arbeitsbedingungen ein bißchen weiterzuverfolgen und da mir bis dato das Drama nur dem Namen nach bekannt war, habe ich es dann gelesen – und mich furchtbar über diesen Dreckskerl Dreißiger aufgeregt, das weiß ich noch sehr gut. In die gleiche Phase fiel dann auch die Lektüre von Emile Zolas Germinal, das mich sogar noch mehr schockiert hat (was aber auch wesentlich am puren Umfang des Werks und damit der Ausführlichkeit der Schilderungen gelegen haben dürfte).

Journal Entry 4 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, February 24, 2009
Hermann Hesse: Narziß und Goldmund

Meine Hesse-Phase war nur kurz und konzentrierte sich im Prinzip auf einen Sommerurlaub, in dem mir meine eigene Lektüre früh ausgegangen und die einzig andere greifbare in einem Stapel Hesse-Bücher bestand. Das wäre vielleicht nicht gut gegangen, wenn es nicht zu meinem Lebensgefühl mit 16 Jahren gepaßt hätte. Gerade der ruhelose Goldmund mit seiner Suche nach einem Lebenszweck und -ziel stand mir damals sehr nahe, daran kann ich mich noch gut erinnern. Und da Eltern in dem Alter ja sowieso blöd sind und nichts verstehen, war auch Goldmunds Fixierung auf eine Mutter bzw. ein mütterliches Prinzip als das des Verstehens etwas, das meiner damaligen Verfassung sehr entgegenkam. Wenn ich es heute noch einmal lesen würde, könnte ich darüber vermutlich nur noch die Augen rollen *gg*

Journal Entry 5 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, March 14, 2009
Albert Camus: Der Fremde

Ein Schultrauma der Oberstufe. Obwohl es inzwischen an die 25 Jahre zurückliegt, weiß ich die ersten beiden Sätze auf Französisch noch immer auswendig, weil diese dafür sorgten, daß Meursault und ich keine gemeinsame Basis mehr finden konnten: Aujourd'hui, maman est morte. Ou peut-être hier, je ne sais pas. So ein Idiot, dachte ich, weiß nicht mal, wann seine eigene Mutter gestorben ist, und damit war das Thema für mich dann auch schon erledigt. Das hätte sich vielleicht ändern können, wenn dieser Meursault irgendwann irgendwelche Gefühlsregungen gezeigt hätte, aber das ist ja hier Fehlanzeige – gewollte, wie ich heute weiß, aber als unduldsame Jugendliche kam das bei mir einfach nicht gut an. Und für mich war es übrigens auch Mord, nicht Notwehr. So!

Journal Entry 6 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, March 14, 2009
Jean-Paul Sartre: Geschlossene Gesellschaft

Und gleich noch ein Oberstufen-Trauma, womöglich sogar noch schlimmer als Camus, falls das steigerungsfähig ist. Wie sich diese drei Menschen in der Hölle fertigmachen, fand ich schon ziemlich nervig. Und ihre jeweiligen Lebensgeschichten, die sie in diese Hölle gebracht hatten, waren nicht dazu angetan, daran etwas zu ändern – im Gegenteil. In meiner Erinnerung ist ein häßliches Kreiselspiel übrig geblieben, mit extrem unsympathischen Charakteren, die mir damals (vielleicht wäre es heute anders) einfach nichts zu sagen hatten, was für mich zu diesem Zeitpunkt relevant war. So ist der einzige Effekt, den unser Lehrer damit erzielt hat, daß ich kein Buch mehr anrühre, auf dem der Name Sartre prangt.

Journal Entry 7 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, May 27, 2009
Pearl S. Buck: Die gute Erde

Es ist ziemlich lange her, daß ich diesen Roman gelesen habe - ich meine, es wäre damals auf Empfehlung meiner Mutter gewesen. So beeindruckend der materialle Aufstieg Wang Lungs auch war, so weiß doch noch sehr gut, daß mir O-lan leid tat, weil sie trotz der vielen Arbeit, die sie geleistet hat, und die für diesen Aufstieg wesentlich mitverantwortlich war, dann zugunsten einer jüngeren und hübschen Konkubine abgeschoben wurde. Da ich damals noch kaum etwas über das Land wußte, hat mich auch die Schilderung des bäuerlichen Lebens in China ausgesprochen fasziniert, und manches davon dürfte sich bis heute auch kaum geändert haben, nach dem, was ich von Besuchern des Landes gehört habe. Allerdings würde man heute sicherlich andere Akzente in einem solchen Roman setzen, vor allem was die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse und Rahmenbedingungen betrifft, die hier vielleicht doch etwas naiv oder unkritisch gezeichnet werden.

Journal Entry 8 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, June 10, 2009
Jaroslav Seifert: Der Halleysche Komet

Gestern hatte ich zwischen zwei Terminen reichlich Zeit und so bin ich in der Düsseldorfer Uni-Bibliothek hängengeblieben, wo ich mir unter anderem diesen Gedichtband zu Gemüte geführt habe. Es war auf jeden Fall eine interessante Mischung aus Liebesgedichten und solchen politischen Inhalts, manchmal auch beides zusammen. Und vor allem spielten Gebäude, an denen sich das eine oder das andere festmachte, eine große Rolle. Man konnte damit fast einen Stadtbummel durch Prag machen, was mir gut gefallen hat, auch wenn manches Mal eine leichte Trauer um das, was die Stadt durch und nach dem Zweiten Weltkrieg an Atmosphäre und Charakter verloren hat, durchklang. Das wiederum korrespondiert schön mit der unglücklichen Liebe in etlichen der Gedichte. Bemerkenswert war auch noch eine besondere Sehnsucht nach Frankreich, und hier vor allem Paris, die explizit formuliert wurde. Ob da der Wunsch nach Freiheit, wie ihn die Französische Revolution doch noch immer symbolisiert, eine Rolle spielte? Jedenfalls freue ich mich unter diesen Umständen schon auf sein Alle Schönheit dieser Welt, das ich dieses Jahr auch noch lesen werde.

Journal Entry 9 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, June 10, 2009
Maurice Maeterlinck: Pelléas und Mélisande

Und noch eine „Ausbeute“ des gestrigen Bibliotheksbesuchs, die mich allerdings weitaus weniger begeistert hat. Zugrunde liegt eine klassische Dreiecksbeziehung: Golaud hat Mélisande an einem Brunnen gefunden, und obwohl er nichts über ihre Herkunft erfährt, heiratet er sie. Mélisande und Golauds jüngerer Halbbruder Pelléas verlieben sich ineinander und der eifersüchtige Golaud tötet seinen Bruder und verletzt Mélisande, die auf dem Sterbebett noch eine Tochter zur Welt bringt. Ich habe gerade gelesen, daß dieses Bühnenstück, das viele Märchenelemente beinhaltet, als ein Hauptwerk des Theaters des Symbolismus gilt, so kam es mir auch beim Lesen schon vor. Und ehrlich gesagt: Ich fand es arg dick aufgetragen, vielleicht liegt das aber auch daran, daß uns heute die Bedeutung vieler dieser Symbole nicht mehr so geläufig ist und es daher sehr anachronistisch wirkt. Erschwerend kam hinzu, daß ich eine recht alte Übersetzung gelesen habe, die auch sprachlich eher grauslich war, wobei das Gestammel und die vielen Wiederholungen der Übertragung wohl eher nicht anzulasten sind ...

Journal Entry 10 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, June 29, 2009
Imre Kertész: Detektivgeschichte

Ein Rechtsanwalt berichtet zunächst, wie das Manuskript seines Mandanten Martens, das im folgenden zu lesen sein wird, entstand. Dieser Antonio Martens, eigentlich Polizist, nimmt die Versetzung zu einer Spezialeinheit gerne an, weil er sich davon Karrierevorteile verspricht. Und in dem fiktiven südamerikanischen Land, in dem dies alles angesiedelt ist, hat die diktatorische Regierung viel Bedarf an Spezialpolizei, weil es schließlich überall Staatsfeinde zu entdecken, zu entlarven, zu foltern gilt. Martens ist Teil eines dreiköpfigen Teams: der Leiter Diaz, ein Zyniker, der Sadist Rodriguez, und er selbst, ein Mitläufertyp, auch wenn er sich selbst so nicht charakterisiert. Nach dem Sturz der Diktatur nun selbst vor Gericht, will er wenigstens noch den „Fall Salinas“ auf- oder erklären, an dem er, noch frisch auf seinem Posten, beteiligt war. Enrique Salinas ist ein romantischer Jüngling, der mit seinem Leben nichts rechtes anzufangen weiß, sich für die Widerständler begeistert, dort aber keinen Zutritt findet. Der Vater Federigo Salinas ist ein bedeutender Geschäftsmann, was die Familie vor vielen Repressalien schützt. Aber Opfer werden in einem solchen Regime eben regelmäßig und für alles mögliche gebraucht, und so zieht sich auch das Netz über den Salinas zu. Martens rollt die Ereignisse auf, dabei auch auf Enriques Tagebuch zurückgreifend, das er sich angeeignet hat.

In seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe erzählt Kertész, warum diese Geschichte überhaupt geschrieben wurde (nämlich zunächst einmal aus drucktechnischen Gründen auf Wunsch des Verlegers), und die Ansiedlung in einem fiktiven südamerikanischen Land war notwendig, um im Ungarn der 1970er Jahre (das Erzählung erschien dort 1977) überhaupt eine Chance zu haben. Darin liegt möglicherweise auch ein Grund für diese mehrfach verschachtelte Erzählstruktur, die aber die einzelnen Ich so sauber voneinander abgrenzt, daß dies kein Problem darstellt.

Faszinierend ist vor allem, wie Kertész zwei Dinge in diesem schmalen Band aufzeigt. Zum einen wird deutlich, wie leicht sich ein Geheimdienst bzw. eine Spezialpolizei in einem solchen Regime verselbständigt, um in dem von ihr selbst definierten Rahmen Recht und Ordnung herzustellen. Dabei verschwimmen Maßstäbe, die sonst für ein Verhalten im Umgang mit anderen Menschen, selbst gegenüber (tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen) Verbrechern, normal sein sollten. Martens leidet darunter auch selbst ganz physisch. Und zum anderen zeigt die Entwicklung, wie leicht Unschuldige unter solchen Bedingungen in einen konstruierten Straftatbestand rutschen können, nur weil es den Tätern „nützt“ – was auf Grund ihres unterschiedlichen sozialen Profils sehr verschiedene Dinge meinen kann.

Großartiges Buch!

Journal Entry 11 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, July 5, 2009
Boris Leonidovich Pasternak: Doktor Schiwago

Es ist lange her, und der Auslöser war natürlich der Film mit Omar Sharif und Julie Christie. Und da ich den Film mehrfach gesehen habe, ist meine Erinnerung an den Inhalt sicher eher von diesem als vom Buch geprägt. Ich kann mich aber noch erinnern, daß ich doch erstaunlich viele Ähnlichkeiten zwischen Film und Buch fand, was ja nicht selbstverständlich ist. Allerdings, das mag aber täuschen, meine ich auch, daß Jurijs Halbbruder im Buch eine erheblich größere Rolle als im Film einnahm. Und daß ich es einfacher zu sehen als zu lesen fand, weil ich Leute zwar ohne Probleme an ihrem Aussehen wiedererkenne, nicht aber unbedingt, wenn sie unter mehreren verschiedenen Namen auftauchen, was bei russischen Büchern ja häufiger der Fall ist (Krieg und Frieden hat mich in der Beziehung auch zum Wahnsinn getrieben). Da hilft zumindest anfänglich auch kein Personenregister ...

Journal Entry 12 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, July 14, 2009
Bertrand Russell: History As An Art. Herman Ould Memorial Lecture 1954

Eigentlich war Russell einer der Kandidaten, die ich auch guten Gewissens auf ewig ungelesen gelassen hätte, wenn mir nicht heute in der Bücherei dieser Text in die Finger gefallen wäre. Und der Historiker in mir wollte dann schon gerne wissen, was diseer Nicht-Historiker denn darüber zu sagen hat. Eine gute Entscheidung! Russell schreibt den Fachwissenschaftlern nämlich ins Stammbuch, daß bei aller erstrebenswerten Faktentreue und notwendigen Genauigkeit, die den wissenschaftlichen Teil der Geschichtsschreibung ausmacht, der künstlerische oder vielleicht eher literarische Aspekt nicht zu kurz kommen dürfe, wenn es darum geht, Nicht-Historiker zum Lesen zu verführen. Er bedauert, daß die Tradition der großen historischen Erzählung durch Einzelwissenschaftler, wie sie das 18. und 19. Jahrhundert kannten, inzwischen dem Spezialistentum gewichen ist und untermalt mit vielen Beispielen, was für den „gemeinen“ historisch interessierten Leser ein Werk spannend zu lesen macht. Außerdem verweist er, und auch das m. E. nicht zu Unrecht, aber da ist seit diesem Vortrag auch schon längst wieder ein Wandel festzustellen, daß Geschichte vor allem als solche von Gesellschaften betrachtet wird und die Taten einzelner Menschen zu wenig Berücksichtigung fänden. Doch, alles in allem hat mir das wirklich gut gefallen.

Journal Entry 13 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, July 14, 2009
Henri Bergson: Das Lachen

Eine weitere Ausbeute des heutigen Büchereibesuchs, nur leider weniger apart zu lesen als der Russell-Text. In drei Abschnitten geht Bergson der Komik auf den Grund, oder vielmehr dem, was als komisch empfunden wird und warum, also dessen Vorausstzungen. Die drei Abschnitte sind überschrieben mit:
1. Von der Komik im allgemeinen. Die Komik der Formen und die Komik der Bewegungen. Die Ausdehnungskraft der Komik
2. Die Situationskomik und die Wortkomik
3. Die Charakterkomik

Nunja, Komik ist nicht komisch, wenn man sie analysiert und in ihre Einzelteile zerlegt, da helfen dann auch Bergsons zahlreiche Beispiele nicht, zumal die meisten vielleicht einem französischen Leser zu Beginn des letzten Jahrhunderts etwas sagten, mir aber weniger, von diversen Bezügen auf Molière mal abgesehen. Auch hatte ich den Eindruck, daß sich im dritten Abschnitt einiges aus dem ersten wiederholten, möglicherweise ist mir aber auch einfach nur die Abgrenzung nicht klar geworden. Bei allen Überlegungen, die Bergson hier anstellt, und die sicher nicht völlig falsch sind, hat er nur meiner Meinung nach einen wichtigen Punkt vergessen, ohne den Komik einfach nicht funktioniert, und das ist die Spontaneität. Abgesehen davon hoffe ich, das Gelesene so schnell wie möglich wieder zu vergessen, denn Analyse und herzhaftes Herauslachen vertragen sich bestimmt nicht. Und wenn ich die Wahl habe, dann nehme ich lieber letzteres.

Journal Entry 14 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Friday, July 24, 2009
Paul Heyse: Novellen

Gelesen habe ich eine Auswahl der auf Project Gutenberg von ihm verfügbaren Novellen, nämlich: L'Arrabbiata; Ein Ring; Der letzte Zentaur; Die Einsamen sowie Andrea Delfin.

Heyse hat insgesamt an die 180 Novellen verfaßt, die sehr unterschiedlicher Qualität sein sollen. Formal zumindest waren diese hier meines Erachtens durchweg gut. Die erste Novelle war die inhaltlich Schwächste. Ich kann mit diesem zaudernden Hin und Her und Rühr-mich-nicht-an-Spielchen einfach nichts anfangen. Die Binnenerzählung des letzten Zentauren hat komische Aspekte, auch wenn sie durchaus ernsthaft die Frage danach stellt, ob die Veränderungen unserer Wahrnehmung durch religiöse Interpretationen ein Gewinn sind. Daher ist wohl auch die Rahmenerzählung notwendig, in der Heyse die Binnenerzählung ins Traumreich rückt, so erspart man sich lästige Diskussionen um Ketzerei.

In Die Einsamen wie auch in Andrea Delfin ist es vor allem die Frage nach tatsächlicher und moralischer Schuld und wie ein Mensch mit dem Wissen um seine Verfehlungen umgehen kann. Ist es rechtens, die Schwester unter der eigenen Schuld leiden zu lassen? Was ist, wenn der Rächer zu einem bloßen Mörder wird? Sinkt er dann auf die Stufe seiner Opfer herab oder womöglich sogar noch tiefer? Das hat Heyse vor allem in Andrea Delfin wirklich gut ausgearbeitet. Hatte ich nach dem eher schwachen Start noch Bedenken, wie sich das weiterentwickeln würde, so kann ich nun feststellen, daß die Lektüre insgesamt durchaus fesselnd war. Ich denke, da werde ich bei Gelegenheit noch die ein oder andere Novelle hinterherschieben.

Journal Entry 15 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, July 26, 2009
Jean-Marie Gustave Le Clézio: Der Afrikaner

Der Essay ist eine Annäherung an den fremden Vater, den er erst im Alter von acht Jahren kennenlernt, als er mit seiner Mutter seinem Bruder Frankreich verläßt, um nach Nigeria zu fahren, wo der Vater im Dienst des Colonial Office als Arzt arbeitet. Er ist aber auch eine Suche nach den Spuren, die diese Zeit in ihm selbst hinterlassen hat. Die konträren Wahrnehmungen, die er als Kind und sein Vater als diensttuender Arzt in dieser Zeit und dieser Region nicht nur altersbedingt machen, sind wunderbar zu verfolgen, besonders auch in sprachlichen Genauigkeit und Eindringlichkeit. Zwar ist mir mehr als einmal die Chronologie durcheinander geraten, aber es geht ja schließlich nicht um eine Dokumentation, daher habe ich mich gerne von den Bildern forttragen lassen.

Journal Entry 16 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Saturday, August 1, 2009
Bjørnstjerne Bjørnson: Novellen

Gelesen habe ich drei seiner Novellen, nämlich:

* Eine häßliche Kindheitserinnerung: Eine junge Frau wird sterbend aufgefunden, letztlich des Mordes oder wenigstens Totschlags wird ihr Geliebter verdächtigt. Dieser schweigt zunächst, gesteht dann aber und wird hingerichtet. Später verdichten sich die Hinweise, daß seine Mutter eigentlich die Täterin war, er sie aber gedeckt hat und die Schuld für sie auf sich nahm.

* Arne: Arne kommt als uneheliches Kind zur Welt, obwohl jeder weiß, daß der Spielmann Nils sein Vater ist. Als Nils nach einer Kneipenschlägerei Pflege bnötigt, nimmt ihn Arnes Mutter Margit auf, und später heiraten Nils und Margit. Daß Birgit, die Nils durchaus hätte haben wollen, Baard heiratet, macht Nils zum Trinker, der im Suff Frau und Kind prügelt. Kein Wunder, daß Arne zu einem verschlossenen Kind wird, das die Gesellschaft von Menschen weitgehend meidet. Davon kann er sich auch in den Jahren nach dem frühen Tod des Vaters nur schwer erholen. Und wie Eli, Birgits Tochter, und Arne bei dieser Familiengeschichte miteinander umgehen sollen, obwohl sie sich lieben, ist auch lange die Frage. Es gibt noch ein bißchen Hin und Her und schließlich ein Happy-End.

* Synnøve Solbakken: Synnøve wächst auf dem begünstigsten Hof Solbakken heran, ihr Kindheitsfreund Torbjørn auf dem weniger sonnig gelegenen Granliden. Torbjørns Schwester Ingrid ist Synnøves beste Freundin. Als Torbjørn und Synnøve älter werden, entspinnt sich mehr als nur Freundschaft zwischen den beiden, aber sie können nicht recht damit umgehen, zumal Synnøves Eltern – vor allem ihre Mutter – Torbjørn für zu unbeherrscht halten. Er nimmt sich vor, sich Synnøve zuliebe zu bessern. Eines Tages wird er unverschuldet in eine Schlägerei verwickelt, nach der er zunächst schwer verletzt liegen bleibt. Es gibt noch ein bißchen Hin und Her und schließlich ein Happy-End.

Wer jetzt den Eindruck hat, daß vor allem die zweite und dritte Erzählung einander ähneln: ja, das ist so. Wenn nicht die verschiedenen Namen wären, hätte ich beim Lesen manches Mal gezweifelt, ob ich nicht aus Versehen im anderen Text gelandet bin. Nun bin ich von solchen „Hach, ich weiß nicht, wie ich es meinem/meiner Liebsten sagen soll“-Spielchen sowieso nur wenig angetan. Ich fand es schon in der leichten italienischen Art bei Paul Heyse nur schwer erträglich, aber diese schwerblütigen, schweigenden Norweger haben mir wirklich den Rest gegeben. Zwar waren die Landschaftsbeschreibungen hier recht schön gelungen, aber das rettet die Texte insgesamt dann auch nicht mehr.

Journal Entry 17 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, August 10, 2009
Salvatore Quasimodo: Tag um Tag

Die Gedichte in diesem Band verarbeiten vor allem Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg, die Entstehungszeit lag in den Jahren 1943-45, in Italien erschienen sie 1947, in deutscher Übersetzung 1950. Wenig erstaunlich bei diesem Hintergrund sind sie allesamt recht düster, es gibt viel Tod und Zerstörung und das alles in einem ziemlich hoffnungslosen Tonfall. Als Zeitdokument ist das sicherlich interessant, aber darüber hinaus ...?

Journal Entry 18 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, August 10, 2009
José Echegaray y Eizaguirre – Der große Kuppler

Es geht um eine ganz einfache Geschichte. Ein Ehepaar (Don Julián und Doña Teodora) hat den Sohn (Ernesto) eines verstorbenen Freundes aufgenommen, aber da dieser junge Mann und Teodora einander im Alter erheblich näher stehen als Don Julián und seine Frau, gibt es Klatsch, Gerüchte, Verleumdungen bezüglich einer Liebesaffäre. Dieser entbehrt zwar jeglicher Grundlage, aber das hartnäckige Insistieren, vor allem durch die Familie von Don Juliáns Bruders, wird sie schließlich wahr.

In seiner konkreten Ausgestaltung ist diese Geschichte heute nicht mehr möglich, nicht nur, weil Duelle glücklicherweise aus der Mode gekommen sind, sondern vor allem, weil sich die Moralvorstellungen gewandelt haben. Das ist aber auch gar nicht der wichtige Punkt, denn im wesentlichen geht es darum, wie Klatsch, oder in seiner gefährlicheren Form die Verleumdung, überhaupt erst die Situation schafft, die er behauptet. Und dieses Thema ist sicher nach wie vor aktuell.

Da hier ein Drama und kein psychologischer Roman vorliegt, vollzieht sich der Sinneswandel Don Juliáns vielleicht etwas abrupt, aber man kann sich trotzdem ganz gut vorstellen, wie die permanenten Vorhaltungen seines Bruders über den guten Name der Familie, der in Gefahr sei, über das Gerede der Leute, das „Hast Du denn Deine Frau und Ernesto noch nie richtig beobachtet?“ und ähnliche Äußerungen, ihn langsam zermürben, das Vertrauen in Frau und Ziehsohn untergraben und ihn für die Einflüsterungen empfänglich machen. Ich muß sagen, da habe ich schon schlechtere Dramen gesehen und gelesen.

Journal Entry 19 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, August 17, 2009
T. S. Eliot: The Waste Land, Prufrock and Other Poems

Eliot ist ein weiterer Lyriker, mit dem ich wohl nicht warm werde. Nach den ersten Gedichten dieses Bändchens, die mir überwiegend ziemlich düster vorkamen und einen religiösen Touch hatten, den ich nicht einordnen konnte, habe ich mich noch mal etwas mit seiner Biographie beschäftigt. Das erklärt mir zwar diesen Tonfall, macht mir diesen aber keineswegs sympathischer, obwohl ein paar Sachen dabei waren, die ganz nett waren. The Waste Land gilt wohl als eines seiner wichtigsten Stücke, aber ich halte es da durchaus mit etwas, was ich in der englischen Wikipedia dazu gelesen habe:

Horror author H. P. Lovecraft, who despised Eliot, called the poem "a practically meaningless collection of phrases, learned allusions, quotations, slang, and scraps in general" and wrote a scathing parody called "Waste Paper: A Poem Of Profound Insignificance". Quelle: The Waste Land

Diese Parodie könnte mich ja glatt noch interessieren ...

Journal Entry 20 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, August 25, 2009
Erik Axel Karlfeldt: Fridolins Lieder

Die Gedichte in diesem Bändchen haben mich, wie die schon so vieler seiner Lyriker-Kollegen, nicht überzeugt. Irgendwie kam ich mir beim Lesen wie in einem Heimatfilm mit Rudolf Prack und Sonja Ziemann vor, und mehr kann ich dazu beim besten Willen nicht sagen.

Journal Entry 21 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, August 25, 2009
Sir Winston Leonard Spencer Churchill: Wenn Lee die Schlacht von Gettysburg nicht gewonnen hätte

Da ich nicht die Absicht habe, sein Mammutwerk über den Zweiten Weltkrieg zu lesen, habe ich mir einen übersetzten Auszug aus seinem If it had happened otherwise zu Gemüte geführt. Bevor ich mir das ggf. komplett besorge, wollte ich erst einmal einen Eindruck gewinnen. Grundsätzlich finde ich solche Was-wäre-wenn-Betrachtungen in der Geschichtswissenschaft schon ganz amüsant, wenn sie natürlich auch müßig und immer diskutabel sind, weil schließlich nie alle Faktoren eingebunden und betrachtet werden können. Das nimmt solchen Gedankenspielen aber nicht notwendigerweise etwas von ihrem Reiz.

Churchills Text von 1931 geht eben davon aus, daß Lee die besagte Schlacht gewonnen hat. Er skizziert eine Entwicklung als tatsächlich stattgefunden, die aus diesem Sieg hätte resultieren können, während die tatsächlichen Ereignisse als eine mögliche Folge der verlorenen Schlacht dargestellt werden. Ich war am Anfang etwas irritiert, bis ich den Aufbau wirklich durchblickt hatte. Sich allerdings Wilhelm II. als den allseits geschätzten Leiter einer pan-europäischen Konferenz im Gefolge des zur Erleichterung aller ausgefallenen Ersten Weltkriegs vorzustellen, fällt mir zumindest doch eher schwer. Wirklich gestört haben mich aber einige eindeutig rassistische Aussagen über Afrikaner und Afroamerikaner. Gut, das ist bei Churchill keine besondere Überraschung und es gehörte auch noch zum Zeitgeist, aber deshalb muß ich es ja trotzdem nicht mögen.

Journal Entry 22 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, August 31, 2009
Rudolf Eucken: Deutsche Freiheit. Ein Weckruf

Der Text von 1919 zeichnet sich neben einem problematischen Demokratieverständnis vor allem durch die Überhöhung alles Deutschen aus, was mich ziemlich abgestoßen hat. Nichts dagegen, daß Luther, Leibniz, Kant, Beethoven und Bach in ihren jeweiligen Bereichen Großes geleistet bzw. prägend gewirkt haben, aber andere Länder haben ja nun ohne weiteres vergleichbares zu bieten. Hinsichtlich des Grades von persönlicher und politischer Unfreiheit im Sozialismus haben sich seine Voraussagen durchaus als treffend erwiesen, allerdings hatte ich das Gefühl, daß er hiermit eher gegen die deutsche Sozialdemokratie anging, und das scheint mir dann doch übertrieben ...

Journal Entry 23 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, September 13, 2009
Roger Martin du Gard: Das Geständnis

Bevor ich mich auf eine vielhundertseitige Familienchronik stürze, wollte ich gerne erst einmal einen Eindruck von diesem Herrn gewinnen und da kam diese, tja, was ist es eigentlich? Novelle? Kurzgeschichte? Erzählung? gerade recht. Trotz der Kürze wird hier auch noch geschachtelt, denn zuächst erfährt man, wie der Erzähler denjenigen kennengelernt hat, um dessen „Geständnis“ es hier geht und wie es dazu gekommen ist, daß er es gehört hat. Kern diese Lebensbeichte ist ein inzestuöses Verhältnis mit der Schwester, die in einem gemeinsamen Sohn gipfelte. Nun ja, kann man lesen, muß aber vielleicht nicht. Der Erzählton war dabei fast leicht und locker, dem Thema also eher entgegengesetzt. Ich würde jetzt nicht sofort losstürzen und aktiv nach weiteren Büchern du Gards suchen, aber wenn sie mir mal zufällig über den Weg liefen, würde ich möglicherweise zugreifen. Das ist immerhin mehr, als die meisten nobel geehrten Lyriker bei mir erreichen werden.

Journal Entry 24 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, September 13, 2009
Johannes Vilhelm Jensen: Des Königs Fall. Roman aus der Hansazeit

Hintergrund ist das Ende der Kalmarer Union und das Schicksal Königs Christians II. Eigentliche Hauptperson ist Michel Thögersen, der zunächst noch Student in Kopenhagen ist, aber wegen der Vernachlässigung seiner Pflichten zum Gottesdienst von der Universität verwiesen wird. Er kehrt nach Hause zurück und gibt sich dort einer kleinen privaten Rache hin, schließt sich dann dem Heer von König Christian II. an und kämpft viel in Schweden und andernorts. Dabei lernt er den jungen Axel kennen, der sein Herz auf der Zunge trägt und allen von einem Pergament erzählt, das er bei sich trägt und das den Schlüssel zu einem Schatz darstellt. Auch kann Axel an keiner hübschen jungen Frau vorbeigehen, was erhebliche Probleme verursacht. Nahe Michels Heimat in Jütland laufen die Fäden wieder zusammen, Familienverbindungen werden dem Leser enthüllt, auch wenn sie den Personen selbst nur teilweise klar sind. Michel unternimmt noch eine Pilgerreise ins Heilige Land, ehe er seinem König in dessen Gefangenschaft folgt. So weit, so gut, so uninteressant. Die historischen Hintergründe scheinen im wesentlichen richtig zu sein, aber das ganze ist hier so verworren, daß ich ohne Zusatzlektüre nicht hätte folgen können. Das gilt auch für manch andere Szenen, bei denen mir nicht immer klar war, wer nun gerade „er“ ist, wenn drei Männer zur Auswahl stehen. Im dänischen Bewußtsein mag der Roman wichtig (gewesen) sein, aber man muß ihn hier und heute sicher nicht mehr lesen, weder Inhalt noch Sprache liefern dafür einen hinreichenden Grund.

Journal Entry 25 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, October 11, 2009
Herta Müller: Reisende auf einem Bein

Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht genau, was ich da eigentlich gelesen habe. Irene hat in ihrer Heimat einen One-Night-Stand mit dem deutschen Studenten Franz aus Marburg. An diese Bekanntschaft versucht sie anzuknüpfen, als sie die Ausreisegenehmigung erhält und sich in Berlin wiederfindet. Franz hat dafür gesorgt, daß sie von Stefan am Flughafen abgeholt wird, und über Stefan lernt sie schließlich auch den schwulen Ex-Buchhändler Thomas kennen. Sich in dem neuen Land zurechtzufinden ist nicht leicht, und Irene zieht immer wieder Vergleich zu „dem anderen Land“. So weit ging das ja noch in Ordnung. Warum Irene allerdings noch in ihrer Heimat freiwillig jeden Abend eine Stelle aufsucht, an der ein sich vor ihren Augen und nur dank ihrer Anwesenheit sich selbst befriedigender Mann auf sie wartet, hat sich mir nicht erschlossen. Überhaupt ist zwar Sexualität ziemlich allgegenwärtig, jedoch in einer Form, die mich nicht besonders anspricht. Ob anderes besonders poetische Bilder sein sollten, weiß ich nicht, ich habe sie dann jedenfalls nicht verstanden. Und wirklich gestört hat mich der Stil, der mich eher an Grundschulaufsätze erinnert, komplexere Satzkonstruktionen, ja selbst nur einfache Nebensätze sind eine absolute Ausnahme. Ehrlich, das konnte ich in der vierten Klasse schon besser. Beispiel gefällig (Zitat von Seite 13)?

Sie ging zum Waschbecken. Sie trank kaltes Wasser aus der Hand. Sie knipste das Licht aus. Legte sich wie Franz in den Kleidern auf das andere Bett. Spürte, wie das Zimmer in schmalen Rinnsalen zum Fenster hinauszog, in die leere Fläche, wo die Dunkelheit noch größer war.
Im Dunkeln konnte Irene nicht weinen.
Irene verschwand in den Schlaf.
Bis der Tag in die Augen schnitt.


Journal Entry 26 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, October 13, 2009
André Gide: Kongo und Tschad

Vom Sommer 1925 bis zum Frühjahr 1926 reiste André Gide in Begleitung seines Freundes, des Filmemachers Marc Allégret, durch Zentralafrika. Zurückgekehrt veröffentlichte er seine Notizen ohne besondere Bearbeitung, um ihnen ihre Unmittelbarkeit zu bewahren. Der Bericht wurde sehr schnell ins Deutsche übersetzt, da aber wohl die umfangreichen Anhänge, die in der französischen Ausgabe dazu gehörten und maßgeblich für die dortige Rezeption als eines antikolonialen Werkes verantwortlich waren, hier fehlten, spielte sich die Rezeption in Deutschland eher auf einer literarischen Ebene ab, was den Bericht aber nicht davor rettete, 1933 von den Nazis bei den Bücherverbrennungen gleichfalls dem Feuer überantwortet zu werden. Auch in dieser Neuausgabe der Übersetzung von 1930 fehlen diese Anhänge nach wie vor, weshalb ich die allgemeine Einschätzung, daß Gide durch diese Reise die Problematik des Kolonialregimes erkannt und sich zu einem seiner Kritiker gewandelt habe, nur bedingt nachvollziehen kann.

Zugegebenermaßen behandelt er seine Träger wohl recht ordentlich und schaltet sich auch in einige Streitfälle ein, bei denen vor allem die Vertreter der Wirtschaftsunternehmen mit oder ohne Wissen bzw. Unterstützung der Verwaltungsbeamten die Afrikaner betrügen, ausbeuten und sogar foltern und massakrieren. Das ist sehr löblich, aber kein Alleinstellungsmerkmal, denn integre Menschen hat es auch in den Kolonien immer wieder gegeben. Andererseits profitiert er selbst vom kolonialen System, nämlich in Form der zwangsverpflichteten Träger. Und auch wenn er diesen einen überdurchschnittlichen Lohn zahlt, für medizinische Versorgung und vernünftige Verpflegung sorgt, so fragt er doch nicht danach, ob die Bereitstellung dieser Verpflegung die betroffenen liefernden Dörfer zukünftig in Versorgungsprobleme stürzen wird, bei denen auch die für die Hirse bezahlten Franc-Scheine nichts nutzen, weil vor Ort für dieses Geld schlicht nichts anderes gekauft werden kann. Und daß es kein Pappenstil ist, eine Horde von über 50 Menschen u. U. auch noch mehrere Tage zu verpflegen, dürfte unmittelbar einleuchten.

Auch nicht freimachen kann er sich von einer paternalistischen Grundhaltung den Afrikanern gegenüber, und dem verbreiteten Bild der „großen Kinder“. Ist das in der Wirkung (auf mich) schon schlimm genug, so drehte sich mir alles um, wenn ich lesen mußte, daß die Träger der Tipoyen, sänftenartiger Tragstühle, „nicht gut dressiert“ gewesen seien. Äh, wie bitte? Sind wir hier im Zirkus? So hinterläßt der Bericht einen ziemlich schalen Beigeschmack, der sich nicht nur aus dem zeitlichen Abstand erklären läßt, da waren frühere Reisende schon aufgeschlossener in ihren Berichten. Und dieser Neuausgabe hätte man auch ohne weiteres eine oder bessere mehrere vernünftige Karten spendieren können, auf denen die Route Gides nachvollziehbar gewesen wäre, das völlig überladene Kärtchen Kameruns war jedenfalls lächerlich.

Journal Entry 27 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, October 25, 2009
Nagib Machfus: Echnaton. Der in der Wahrheit lebt

Einige Jahre nach dem Tod des inzwischen vorwiegend als „Ketzer“ bezeichneten Echnaton macht sich der junge Merimun auf, um mit Freunden, Weggefährten und Feinden des Pharaos zu sprechen und die Wahrheit hinter dieser Person herauszufinden. Naturgemäß sind die Wahrnehmungen sehr von der jeweiligen Stellung des Befragten zu Echnaton während dessen Lebenszeit abhängig, aber gerade durch diese Sammlung schafft es Machfus, ein facettenreiches Portrait dieses faszinierenden Mannes zu erschaffen. Und er überläßt dem Leser am Ende die Einschätzung, ob es sich bei Echnaton um einen verkannten Visionär handelte, der mit seinen Ideen einfach scheitern mußte, oder ob er einfach nur ein verweichlichter Schwächling war, der das große ägyptische Reich beinahe in den Untergang getrieben hätte. Großartig gemacht!

Journal Entry 28 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, October 25, 2009
Doris Lessing: Mara und Dann

Zwei Kinder werden eines Nachts zu ihrer Sicherheit entführt und man schärft ihnen neue Namen ein, so gründlich, daß sie sich an ihre Herkunft später nicht mehr erinnern. Sie wachsen im Steindorf bei der alten Daima auf, aber als Mahondis sind sie in diesem Dorf den Anfeindungen der Steinleute ausgesetzt. Nach Daimas Tod machen sie sich auf eine Reise durch Ifrik in den Norden, wohin viele vor der sich ausbreitenden Dürre flüchten. Dort soll noch normales Leben möglich sein, aber die Reise birgt viele Gefahren, Mara und Dann müssen auch auf bittere Art und Weise lernen, wie die Regeln menschlichen Zusammenlebens und die Moral durch die widrigen Lebensbedingungen außer Kraft gesetzt werden. Das ganze kommt als Mischung aus Utopie (Handlungszeitpunkt ist einige tausend Jahre in der Zukunft auf der Landmasse, die wir als Afrika kennen, Europa liegt unter meterdickem Eis) und Abenteuerroman, leider mit einigen erzählerischen Längen und sprachlichen Schwächen, aber der Ansatz ist durchaus interessant und bietet viel Gelegenheit, Anspielungen und Beschreibungen im Hinblick auf heutige Völker, Gerätschaften usw. nachzugehen.

Journal Entry 29 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, November 2, 2009
Sully Prudhomme: Intimes Tagebuch

Jetzt weiß ich auch, warum die Vergabe des ersten Nobelpreises an Prudhomme schon damals umstritten war. Selbst wenn ich berücksichtige, daß er noch ein vergleichsweise junger Mann zu Zeiten dieser Tagebucheinträge war, so rechtfertigt das sicherlich keinen solchen Preis, allerdings habe ich auch wenig (um nicht zu sagen: gar keine) Lust, mir seine Gedichte auf Französisch anzutun. Dafür ist er mir hier nämlich schon viel zu umsympathisch rübergekommen, vor allem, was sein Frauenbild angeht. Gut, wir sind hier im 19. Jahrhundert, aber trotzdem. Gut war er jedoch dann, wenn er über Wesen und Aufgabe von Kunst philosophierte.

Journal Entry 30 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, November 8, 2009
Giosuè Carducci: Odi barbare (Auszüge)

Diese Gedichte sind in mehreren Teilen zwischen 1873 und 1889 entstanden, also relativ kurz nach der italienischen Einigung. Nimmt man dann noch seine Biographie hinzu (Vater Mitglied bei den "Carbonari", er selbst überzeugter Republikaner und eher kirchenfern), dann erklärt sich mir durchaus der Inhalt dieser Oden, die italienische Größe beschwören und dabei weniger auf die christliche als viel mehr die antike Tradition zurückgreifen (weshalb eine profunde Kenntnis antiker Texte und Namen mehr als hilfreich ist). Aber nichtsdestotrotz: Gedichtzeilen, die mit „Heil Dir“ anfangen, verursachen mir einfach entschiedenes Unwohlsein. Ich kann mit dieser Pathetik schlicht gar nichts anfangen, sie ist mir sogar eher unheimlich.

Journal Entry 31 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, November 18, 2009
Frédéric Mistral: Mirèio

Als Versepos liest sich so etwas für meinen Geschmack zumindest besser als Einzelgedichte, weil wenigstens eine fortlaufende Handlung erzählt wird. In diesem Fall könnte sie auch als Operlibretto dienen, denn sie endet tragisch. Und während es in der ersten Hälfte durchaus auch noch geradezu spannende Szenen gab, z. B. beim Kampf zwischen Vincèn und Ourrias, nahm mir am Ende der religiös aufgeladene Aspekt doch entschieden zu viel Raum ein. Dafür gab es aber noch ein paar schöne Einblicke in das provenzalische Landleben in der Mitte des 19. Jahrhunderts, das war ja auch ganz nett.

Journal Entry 32 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, November 22, 2009
Theodor Mommsen: Das Römische Imperium der Cäsaren

Inhaltlich hat die historische Forschung der letzten gut 100 Jahre natürlich einiges korrigiert und detailliert. Nichtsdestotrotz denke ich, daß Mommsen für Althistoriker nach wie vor von Interesse sein kann, allerdings vorwiegend, wenn nicht ausschließlich für diese. Der ganze Duktus ist doch sehr vom 19. Jahrhundert geprägt und zeigt streckenweise starke Ansätze des typischen und von mir wenig geschätzten Wissenschaftsdeutsch, bei dem ich immer das Gefühl habe, eine gewisse sprachliche Komplexität soll argumentative Schwächen (wenn nicht sogar deren Fehlen) verdecken. Ganz so extrem habe ich es hier bei Mommsen nicht empfunden, aber ermüdend war es auf Grund des stark aufzählenden (nicht erzählenden) Charakters schon, besonders bei der Betrachtung der Ostgrenze und den Auseinandersetzungen mit dem parthischen Reich. Und ob das ganze unter sprachlichen Gesichtspunkten nun ausgerechnet die Verleihung des Literaturnobelpreises rechtfertigt – das möchte ich doch abstreiten, gilt aber in gleichem Maße für andere Autoren aus der historisch-philosophisch-politischen Ecke, die man mit diesem Preis beglückt hat.

Journal Entry 33 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Monday, November 23, 2009
Carl Spitteler: Conrad, der Leutnant

Dafür, daß ich mit gar keinen Erwartungen an diese Erzählung gegangen bin, war sie dann gar nicht mal so schlecht, wenn auch arg simpel gestrickt. Conrad, der Sohn des „Pfauen-Wirts“, grämt sich seit langem, daß sein Vater ihn nicht für voll nimmt, obwohl er doch sonst überall ganz gut angesehen ist als Artillerie-Leutnant. An diesem Tag nun ist eine Tanzveranstaltung geplant, und da sich zwei verfeindete Bauerngruppen angesagt haben, liegt deutlich Ärger in der Luft. Zunächst gibt es Streit mit einer alten Cousine, die sich aus dem Haus geworfen fühlt, dann zwischen Conrad und seinem Vater wegen Conrads Pferd usw. Einer neue Kellnerin, Cathri, gelingt es mehrfach besänftigend einzugreifen. Nachmittags scheint sich sogar zwischen Conrad und seinem Vater einiges beruhigt zu haben, bis die Schlägerei losgeht. Mit Hilfe seiner Freunde von der Feuerwehr schafft Conrad zwar Ruhe und zwingt anschließend seinen Vater sogar zur Übergabe der Wirtschaft an ihn, aber die gedemütigten Bauern sinnen auf Rache, und so liegt Conrad am Abend tot am Boden. Daß dies das Ende sein würde, war mir schon vor dem letzten Drittel klar, und auch bis dahin war es nicht gerade mit überraschenden Wendungen gesegnet. Sturköppe alle miteinander treiben sie sich in die Katastrophe und lassen mich mit einem Daueraugenrollen zurück.

Journal Entry 34 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, November 24, 2009
Karl Gjellerup: Der Pilger Kamanita

Der Roman ist zur Zeit Buddhas in Indien angesiedelt. Kamanita ist als Pilger unterwegs und begegnet eines Abends ohne es zu wissen dem Erleuchteten, zu dem er sowieso auf dem Weg ist. Er enthüllt dem Buddha seine Lebensgeschichte, als Gegenleistung entwickelt Buddha vor Kamanita seine Lehre, mit der dieser aber so recht nichts anfangen kann. Zudem stirbt Kamanita bei einem Unfall am nächsten Tag. Seine Geliebte Vasitthi, mit der er nicht zusammenkommen konnte, und er treffen sich nach ihrem Tod im Paradies des Westens und gehen von dort ihren weiteren Weg gemeinsam, was vor allem dem weit besseren Wissen Vasitthis über Buddhas Lehre zu verdanken ist. Hm, wirklich lesen müssen, muß man das sicher nicht, nicht mal als Einführung in den Buddhismus, und mit zunehmender Dauer und der Entfernung vom irdischen Leben wurde es für mein Empfinden auch zunehmend wirrer. Aber immerhin war es ein weiterer Haken in der Liste.

Journal Entry 35 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Thursday, November 26, 2009
John Galsworthy: The Man of Property (The Forsyte-Saga 1)

Als Sittengemälde der englischen Upper-middle-class im ausgehenden 19. Jahrhundert hat es mir wirklich ausgezeichnet gefallen, und auf viel mehr kann ich das auch nicht stützen, da nicht viel an nacherzählbarer Handlung passiert, aber die Charakterisierungen der Personen sind gelungen. Ich dachte zwar mehr als einmal, daß es helfen würde, wenn jeder mal den Mund aufmachte und erzählte, was er über die sich anbahnende Tragödie zu sagen hat, denn dann wäre sie möglicherweise zu verhindern gewesen. Ich muß gestehen, daß sich mein Mitleid vor allem mit Irene ziemlich in Grenzen hielt, während June es tatsächlich hatte. Galsworthy hat der Geschichte zum Ende dieses Bandes zwar ein grundsätzliches Ende verpaßt, aber ich werde den "Rest", d. h. mindestens die übrigen zwei Bände und die beiden Einschübe dieser Trilogie, vielleicht sogar auch die beiden Folgetrilogien, noch lesen, wenn auch nicht sofort.

Journal Entry 36 by Torgin from Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen Germany on Sunday, November 29, 2009
William Butler Yeats: Irlands Königreich der Schatten

In diesem Buch präsentierte Yeats Ergebnisse seiner Sammlung alter und überlieferter Geschichten aus dem ländlichen Irland, vor allem aus der Heimat seiner Mutter in Sligo und Umgebung. Dabei unterscheidet er nicht immer, ob ihm jemand etwas als direktes Erleben oder nur vom Hörensagen berichtet oder ob er selbst sich als der Erlebende im Kontakt mit der Anderwelt darstellt. In vielen Abschnitten folgen auch eher unverbundene Episoden aufeinander, einen durchgehenden roten Erzählfaden darf man nicht erwarten. Aber das Ganze bekommt durch diese Struktur und die einfache Sprache eine ungeheure Unmittelbarkeit in der Wirkung, und wenn ich es vorher nicht schon gewesen wäre, so wäre ich jetzt sicher überzeugt: Die Sidhe existieren und man tut gut daran, ihren Anweisungen und Wünschen zu folgen ...

Journal Entry 37 by Torgin at Oberhausen, Nordrhein-Westfalen Germany on Wednesday, September 5, 2012
Tomas Tranströmer: Sämtliche Gedichte

Der Band enthält alle 11 Gedichtsammlungen, die zwischen 1954 und 1996 in Schweden erschienen. Tranströmer hat zu verschiedenen Zeiten mit unterschiedlichen Formen experimentiert, nicht alle fand ich glücklich, wie bspw. die Haikkus. Vor allem, wenn es um das Meer geht, gelingen Tranströmer immer wieder sehr schöne Bilder, die in meiner Vorstellung auch etwas auslösen und zu meinen eigenen Bildern passen. Leider sind diese nicht so zahlreich, wie ich es mir unter diesen Umständen gewünscht hätte. Viele andere Bilder funktionieren für mich überhaupt nicht, streckenweise waren sie derart schräg, daß ich mehr als einmal an Reinhard Mey und seinen Song Des Kaisers neue Kleider denken mußte, wo es heißt:
„Vom Lyriker, der sich vor Lachen in die Hose macht,
Weil alles glaubt, er habe sich bei seiner Lyrik was gedacht.“

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