Blindband
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Wer Augen hat zu lesen, lese!» steht auf dem Buchrücken von Gilbert Adairs neuem Roman. Vermutet man hinter dem mutierten biblischen Zitat nicht mehr als eine witzige Leserwerbung, wird man bald eines Besseren belehrt. Auch der geschickt gewählte Titel, «Blindband», gewinnt nach den ersten paar Seiten an ironischer Tiefenschärfe. In Adairs drittem auf deutsch erschienenem Buch geht es nämlich um Blindheit im wörtlichen und – vor allem – im übertragenen Sinn.
Die Grundkonstellation erinnert an Adairs frühere Romane, «Der Tod des Autors» (1997) und «Liebestod auf Long Island» (1998). Ist die Hauptfigur im ersten Roman ein Literaturtheoretiker, so handeln die beiden anderen je von einem Schriftsteller. Auch wenn die Schauplätze geographisch genau auszumachen sind, finden die entscheidenden Handlungen alle im Innern dieser schreibenden Kopfmenschen statt. So wird dem im Elfenbeinturm lebenden Leopold Sfax in «Tod des Autors» die erinnerte Vergangenheit zum Verhängnis, während De'Ath im «Liebestod» zielsicher in den trivialen Sumpf einer unmöglichen Liebe schlittert. Der britische Erfolgsautor Paul in «Blindband» will nun nach mehrjähriger Pause die Summa seines Lebens niederschreiben. Da er bei einem schweren Unfall beide Augen verlor, muss er sich aber für dieses Unterfangen die Sehkraft eines schreibenden Gehilfen borgen.
Dass Adair es hervorragend versteht, seine Figuren, aber auch die Leser Zeile für Zeile im auktorialen Würgegriff zu halten, wird in «Blindband» noch deutlicher als in den beiden Vorgängern. Dies gelingt ihm hier unter anderem damit, dass er sich als Autor scheinbar völlig zurücknimmt und nichts anderes wiedergibt als Dialog. Einzige Ausnahmen bilden kurze innere Monologe, die sich am Schluss als Tagebucheinträge entpuppen. Ansonsten gibt es nur direkte Rede, vorab zwischen dem Blinden und dem Sehenden.
John Ryder, dienstbeflissen und technisch versiert, meldet sich auf ein Inserat als Amanuensis beim blinden Schriftsteller, dessen Werke er kennt und bewundert. Bald sitzt John vor dem Computer und nimmt Pauls Diktat auf. «Die Wahrheit und ihre Folgen», so der Arbeitstitel der literarischen Selbstdarstellung, ist ein ambitiöses Projekt. Doch Paul, dessen Ego so gross ist, dass er unter «Platzangst im Universum» leidet, hat alles fest im Griff. Und wo seine Erinnerung ihn im Stich lässt, springt John ein, besucht Museen oder schaut nach, welche der Säulen am Trafalgar Square leer ist.
In der anfänglich produktiven Arbeitsgemeinschaft verschieben sich die Machtverhältnisse immer mehr, bis der Auftraggeber seinem Angestellten komplett ausgeliefert ist und sein genialer Plan von demjenigen des Gegenspielers durchkreuzt wird. Dabei wechseln beide ihre Rollen als Opfer bzw. Täter, bleiben aber immer Gefangene ihrer eigenen biographisch bedingten Blindheit.
Adairs neuester Roman ist eine von schwarzem Humor durchtränkte Geschichte über den blinden Fleck und die von (Selbst-)Täuschungen begleitete Suche nach Wahrheit. Dem Risiko, das die Figuren dabei eingehen, können sich auch die Leserinnen und Leser nicht entziehen. Vom Dialog gefesselt und dem Wechselbad von Sympathie und Antipathie hilflos ausgeliefert, sind sie gezwungen, über ihre eigene Rolle nachzudenken und ihre Positionen ständig neu zu definieren.
Die Grundkonstellation erinnert an Adairs frühere Romane, «Der Tod des Autors» (1997) und «Liebestod auf Long Island» (1998). Ist die Hauptfigur im ersten Roman ein Literaturtheoretiker, so handeln die beiden anderen je von einem Schriftsteller. Auch wenn die Schauplätze geographisch genau auszumachen sind, finden die entscheidenden Handlungen alle im Innern dieser schreibenden Kopfmenschen statt. So wird dem im Elfenbeinturm lebenden Leopold Sfax in «Tod des Autors» die erinnerte Vergangenheit zum Verhängnis, während De'Ath im «Liebestod» zielsicher in den trivialen Sumpf einer unmöglichen Liebe schlittert. Der britische Erfolgsautor Paul in «Blindband» will nun nach mehrjähriger Pause die Summa seines Lebens niederschreiben. Da er bei einem schweren Unfall beide Augen verlor, muss er sich aber für dieses Unterfangen die Sehkraft eines schreibenden Gehilfen borgen.
Dass Adair es hervorragend versteht, seine Figuren, aber auch die Leser Zeile für Zeile im auktorialen Würgegriff zu halten, wird in «Blindband» noch deutlicher als in den beiden Vorgängern. Dies gelingt ihm hier unter anderem damit, dass er sich als Autor scheinbar völlig zurücknimmt und nichts anderes wiedergibt als Dialog. Einzige Ausnahmen bilden kurze innere Monologe, die sich am Schluss als Tagebucheinträge entpuppen. Ansonsten gibt es nur direkte Rede, vorab zwischen dem Blinden und dem Sehenden.
John Ryder, dienstbeflissen und technisch versiert, meldet sich auf ein Inserat als Amanuensis beim blinden Schriftsteller, dessen Werke er kennt und bewundert. Bald sitzt John vor dem Computer und nimmt Pauls Diktat auf. «Die Wahrheit und ihre Folgen», so der Arbeitstitel der literarischen Selbstdarstellung, ist ein ambitiöses Projekt. Doch Paul, dessen Ego so gross ist, dass er unter «Platzangst im Universum» leidet, hat alles fest im Griff. Und wo seine Erinnerung ihn im Stich lässt, springt John ein, besucht Museen oder schaut nach, welche der Säulen am Trafalgar Square leer ist.
In der anfänglich produktiven Arbeitsgemeinschaft verschieben sich die Machtverhältnisse immer mehr, bis der Auftraggeber seinem Angestellten komplett ausgeliefert ist und sein genialer Plan von demjenigen des Gegenspielers durchkreuzt wird. Dabei wechseln beide ihre Rollen als Opfer bzw. Täter, bleiben aber immer Gefangene ihrer eigenen biographisch bedingten Blindheit.
Adairs neuester Roman ist eine von schwarzem Humor durchtränkte Geschichte über den blinden Fleck und die von (Selbst-)Täuschungen begleitete Suche nach Wahrheit. Dem Risiko, das die Figuren dabei eingehen, können sich auch die Leserinnen und Leser nicht entziehen. Vom Dialog gefesselt und dem Wechselbad von Sympathie und Antipathie hilflos ausgeliefert, sind sie gezwungen, über ihre eigene Rolle nachzudenken und ihre Positionen ständig neu zu definieren.
Journal Entry 2 by Nordkind at Hadley's - Beim Schlump 84a in Hamburg - Eimsbüttel, Hamburg Germany on Tuesday, June 12, 2007
Released 16 yrs ago (6/12/2007 UTC) at Hadley's - Beim Schlump 84a in Hamburg - Eimsbüttel, Hamburg Germany
WILD RELEASE NOTES:
RELEASE NOTES:
Das Buch kommt heute Abend mit zum Klönschnack. Wenn es dort niemand will, reist es nach Leer! :-)
Das Buch kommt heute Abend mit zum Klönschnack. Wenn es dort niemand will, reist es nach Leer! :-)
Der Klappentext klang ganz spannend, also hab ich´s mal mitgenommen.
Ein interessantes und ungewöhnliches Buch mit einer überraschenden Auflösung. Der Text ist teilweise ein bisschen sperrig, aber wenn man sich eingelesen hat, ist es sehr interesant. Was mich allerdings ziemlich genervt hat, ist die Übersetzung des Glasgower Akzents der Haushälterin: im deutschen Text redet die Frau bayerisch!! Das muss echt nicht sein, zumal in englischen Originaltexten sehr häufig Akzente schriftlich wiedergegeben werden, was normalerweise in der deutschen Übersetzung aber unter den Tisch fällt.
Beim Meetup im Hadleys am 9.10.07 mitgenommen (als einziges!!). Klingt interessant.