Aus dem Offenen Bücherschrank gefischt.
Der Titel ist im Original von 1959 -- wie das wohl gealtert sein mag? Aber Waisenkinder, die Angst vorm Heim und all das sind ja auch immer noch feste Größen der Kinderbuchliteratur und werden es wahrscheinlich immer sein, so lange kleine Menschen angeborene Verlust- und Verlassensängste haben.

Ich habe es nicht ganz geschafft, dieses Buch auf einen Rutsch zu lesen, aber ich bin nach den ersten drei Vierteln wirklich überrascht und beeindruckt.

Dieses Buch ist so alt -im Erscheinungsjahr wäre mein Vater so alt gewesen wie der Titelheld- und doch das Frischeste, was ich je aus dieser Generation gelesen habe. Die Kinderbücher meiner Eltern waren entweder betulicher Trotzköpfchen-Försters-Pucki-Horror (zugegebenermaßen aber natürlich auch damals schon nicht mehr taufrisch), oder die klassischen Abenteuergeschichten aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die irgendwann zur Jugendliteratur "degradiert" worden waren. Wenn ich den Roten Rächer damit vergleiche, muss er zur Entstehungszeit beinahe revolutionär gewesen sein!

Zwar verrät das Buch in einigen Details schon sein Alter -die Kinder haben für heutige Begriffe doch ungewöhnlich viel Freiraum, dürfen trampen, Buden bauen und arbeiten, und recht wenig Geld reicht für recht viel Essen-, aber die Beziehungen und Gefühle sind so unsentimental und echt geschildert, dass es so gut wie zeitlos wirkt. Sicher, irgendwie ist es auf jeden Fall ein "Problemroman" mit Sozialkritik und dem vollen Programm -- aber es fällt zwischen all der sonstigen Leichtigkeit kaum auf. Ich habe als Kind diese lehrreichen Problemstücke gehasst (und in den 80ern war die Kinderliteratur voll davon! ;)), aber hier kann man Wölfel nur gratulieren, wie behutsam und ganz ohne erhobenen Zeigefinder oder Verniedlichung sie das ernste Thema spannend und greifbar zu machen. Bislang bin ich hiervon jedenfalls sehr angetan, sogar mehr als ich es seinerzeit von Wölfels anderen Hits Fliegender Stern und Joschis Garten war.

Übrigens hat es mir richtig leid getan, dass der Vorbesitzer irgendwann aufgehört hat, die Illustrationen auszumalen. Das ist nämlich so sorgfältig und liebvoll geschehen, dass es mir viel zur Lesefreude beigetragen hat.

Auch das Ende ist sehr elegant geglückt. Dieses Buch ist wirklich der große Wurf und portraitiert, wie ich finde, wundervoll die Emotionen von Heranwachsenden. Wohin gehöre ich, wieviel Selbständigkeit/Unabhängigkeit ist erstrebenswert, und in welchem Ausmaß werde ich von meinem Besitz oder meiner familiären Situation definiert? Worauf bin ich neidisch und was brauche ich nicht? Diese Fragen werden nicht offen gestellt oder ausführlich diskutiert, aber sie ergeben sich, genau wie mögliche Antworten, aus der Handlung -- ganz ohne sperrig oder aufgesetzt zu wirken oder die Spannung zu zerstören. Großartig!

Beim Vorweihnachtsstammtisch.
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Vielen Dank und viel Spaß mit dem Buch!

Linguistkris hat so von dem Buch geschwärmt, dass ich es mal eingesteckt habe. Eigentlich für die OBCZ in der Kita, aber wer weiß...

Das Buch wurde hier nicht gelesen und vertritt mich nun bei der Osteraktion, bei der ich auch in diesem Jahr leider nicht dabei sein kann.

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Hallo!

Mögest Du der Leser sein, auf den dieses Buch gewartet hat.
(Jorge Luis Borges)

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Liebes Buch, gute Reise und melde dich mal!