Klappentext: Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten.
Im Grunde ist dieses ganze Buch ein Buch vom Kaffeehaus. Selbst die erhabene Gestalt der Tante Jolesch, die niemals in einem Kaffeehaus gesichtet wurde, hat etwas von ihm abbekommen ..."

Durch einen Zufall erhielt ich im vergangenen Urlaub in Altaussee Zutritt in die "Königsgarten-Villa" des Künstlers Horst K. Jandl, in der auch Friedrich Torberg einige Zeit verbracht hatte. Als ich nun bei der Suche nach der nächsten Lektüre in meiner Bibliothek auf ein Torberg-Werk gestossen bin, war die Neugier dafür sofort erwacht. Wie jedoch dieses Buch in mein Bücherregal gekommen ist, weiß ich leider überhaupt nicht mehr. Ich vermute es war ein Geschenk.

Friedrich Torberg beschreibt in feiner Sprache die Zeit des jüdischen Großbürgertums in Wien und Episoden der zahlreichen jüdischen Künstler vor dem 2. Weltkrieg. Er erzählt unzählige Anekdoten im Plauderton, die dem Leser einen kleinen Einblick in die jüdische Gesellschaft gestattet. Die prominenten Namen sind zahlreich und auch der jüdische Humor ist wunderbar dargestellt: keine platten Schenkelklopfer, sondern hochintelligent, immer zweischneidig mit viel Selbstironie. Zahlreiche Namen tauchen in seiner Erinnerung auf, um wieder in den schwarzen Zeiten der Naziherrschaft zu verschwinden. Bei jeder Geschichte schwingt immer der melancholische Ton mit, dass auch nach der schrecklichen Zeit diese Atmosphäre für immer verloren ist.
Was mir neben den interessanten Kaffeehaus-Stimmungsbildern dieser Zeit aufgefallen ist, war die Nichterwähnung der nichtjüdischen Bevölkerung in diesem Werk und die völlige Ignoranz der schlechten Lebensbedingungen z.B. der einfachen Arbeiter in dieser Zeit. Dadurch entsteht der Eindruck eines elitären Kreises, der nicht einer gewissen Arroganz entbehrt.
Ein empfehlenswertes Buch für Leser, die einmal in die "gute alte" Zeit der legendären Wiener Kaffehaustradition schnuppern möchten.

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