Südlich der Grenze, westlich der Sonne

Registered by wingt-towerwing of Morsbach, Nordrhein-Westfalen Germany on 6/14/2013
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Journal Entry 1 by wingt-towerwing from Morsbach, Nordrhein-Westfalen Germany on Friday, June 14, 2013
“Ich komme zu dir, oder ich komme nicht. Wenn ich komme, bin ich hier. Wenn ich nicht komme, bin ich woanders.”
“Gibt es da keinen Mittelweg?”
“Nein”, sagte sie.
“Denn dort existieren keine mittleren Dinge. Und wo nichts Mittleres existiert, gibt es auch keinen Mittelweg”, sage ich.
“Genau.”

Murakamis “Südlich der Grenze, westlich der Sonne” erschien Anfang der 90er Jahre schon einmal, allerdings unter einem anderen Titel: “Gefährliche Geliebte”. Damals wurde es aus dem Japanischen ins Englische und aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Diese Ausgabe jetzt ist direkt aus dem Japanischen übersetzt worden und ich habe das Gefühl, es ist ein ganz anderes Buch geworden, vielschichtiger und tiefer gehend.

Wer früher gern das “Literarische Quartett” gesehen hat, wird sich vielleicht an den großen Krach zwischen Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler erinnern, der Streit, an dem das Quartett letztendlich zerbrochen ist. Der Grund war nichts anderes als die “Gefährliche Geliebte” – für Löffler, “literarisches Fastfood”, für das sie am liebsten einen “Platzverweis” aussprechen wollte, ein sprachloses Buch, das es nicht wert sei, gelesen zu werden. Vor allem die erotischen Szenen fand sie indiskutabel. Reich-Ranicki hielt ihr die Zartheit des Buches entgegen und beschuldigte sie, generell ein Problem mit Erotik und Liebe in Bücher zu haben. Das war das Ende dieser großartigen Sendung, denn Löffler schmiss hin. Reich-Ranicki hätten mit seinen Äußerungen und seinen Interviews danach, den Bogen “überspannt und zerbrochen.”

Was steckt nun hinter diesem “Skandalbuch”, das für so viel Wirbel gesorgt hat?

Hajime ist ein Einzelkind, Außenseiter, keiner ist so wie er. Andere haben Bruder und Schwester, er aber ist immer allein. Als eines Tages eine neue Schülerin in seine Klasse kommt, ändert sich sein Leben, denn auch Shimamoto ist Einzelkind. In ganz jungen Jahren hatte sie Polio und zieht jetzt ein Bein hinter sich her. Die beiden werden Freunde und in Hajime erwachen Gefühle, die er noch nicht kennt, die er aber auch noch nicht einordnen kann. Durch einen Umzug verlieren sich die beiden Kinder nach Jahren aus den Augen. Hajime hat viele kurze Beziehungen, aber etwas fehlt immer, das Leben scheint ihm das Glück zu verwehren und auch er selbst bringt anderen Unglück. Hajime ist auf der Suche, aber er weiß nicht, wonach. Mit Anfang 30 heiratet er, bekommt zwei Kinder, macht mit dem Geld seines Schwiegervaters zwei Jazz Clubs auf und wird erfolgreich. Doch dann taucht eines Tages Shimamoto in seiner Bar auf, geheimnisvoll und verschlossen. Sie kommt wieder, immer, wenn es regnet und Hajime verfällt ihrem Bann. Bereit, die Gegenwart für die Vergangenheit aufzugeben, macht er sich auf den Weg, südlich der Grenze, westlich der Sonne.

Vieles an dem Buch hat mich an Casablanca erinnert, der Film selbst wird auch im Buch zitiert, allerdings ist es hier die japanische Form der Liebesgeschichte. Es geht um Leben, Liebe, Zerrissenheit, Treue, Unglück, verpasste Chancen, den Wunsch, das Gestern ändern zu können und zum Schluss um nichts anderes als um den Tod. Wie Hajime bleibt auch der Leser im Dunkeln, was es mit Shimamoto tatsächlich auf sich hat. Sie verschwindet immer wieder, ohne Begründung, taucht dann wieder auf und beherrscht und verzaubert. Ist sie real oder nur eine Vision, ein Wunsch eines frustrierten, älter werdenden Mannes, der etwas begehrt, was es in seinem Leben nicht gibt?

“In meinem Leben fehlt etwas. Ich habe etwas verloren. Und danach hunger und dürste ich die ganze Zeit. Meine Frau kann dieses Verlangen nicht stillen und meine Kinder auch nicht.”

Öfters habe ich die Kritik gehört, dass es ein zu männliches Buch sei, auch Löffler warf Murakami vor, nur Männerfantasien zu bedienen. Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Für mich hält die Frau jederzeit die Zügel in der Hand, führt den Mann, lenkt ihn. Hajime erscheint dagegen als der Mann in der Midlife-Crisis, ratlos, richtungslos. Die Sexszenen sind zwar in aller Klarheit beschrieben, aber trotzdem finde ich Murakamis Stil eher poetisch, tiefgehend und auch menschlich, ja, man könnte sagen sehr japanisch, denn japanische Liebesgeschichten (zumindest die, die ich gelesen habe) haben immer eine Art Zartheit an sich.

Der Originaltitel, der jetzt auch die deutsche Ausgabe ziert “Südlich der Grenze, westlich der Sonne” passt wesentlich besser zu dieser Geschichte als “Gefährliche Geliebte”, denn der führt eigentlich auf eine falsche Spur. Es geht in dem Buch um die innere Reise Hajimes, seine Suche nach der Erfüllung und nicht in erster Linie um die Geliebte. Die jetzt vorliegende Übersetzung bringt ganz andere Seiten des Werkes zum Vorschein, es erscheint liebevoller als die Erstausgabe. Wahrscheinlich würde diese Übersetzung auch Frau Löffler gefallen, ich hoffe, sie liest sie.

Mich hat die Geschichte bewegt und nachdenklich gemacht.
Das Ende ließ mich etwas ratlos zurück, aber genau das passt zur Handlung. Murakami ist hier eine ganz eindrückliche Geschichte eines Mannes gelungen, mit dessen Lebenswanderung sich wahrscheinlich viele Leser identifizieren können.

Von mir gibt es neun Sterne für Hajime und seine Suche nach dem Sinn und sich selbst.

“Du bist doch glücklich?”
“Ich weiß es nicht genau. Zumindest bin ich nicht unglücklich und auch nicht einsam.”

Journal Entry 2 by wingt-towerwing at Morsbach, Nordrhein-Westfalen Germany on Tuesday, May 13, 2014

Released 9 yrs ago (5/14/2014 UTC) at Morsbach, Nordrhein-Westfalen Germany

CONTROLLED RELEASE NOTES:

"Die gefährliche Geliebte" liegt ebenfalls bei wenn Du Unterschiede nachschlagen möchtest.
Ansonsten ist in meinem Journaleintrag alles gesagt!

Im Päckchen mit diversen anderen Wunschbüchern unterwegs nach Berlin.

Viel Freude damit!

Journal Entry 3 by Zantos-Berlin at Wedding, Berlin Germany on Friday, May 16, 2014
Ein liebevoll gepacktes Päckchen voller Wunschbücher und Überraschungen !
Für jeden in der Familie etwas dabei... sogar für Zantos persönlich.
T-Tower, Du hast uns eine große Freude gemacht, VIELEN LIEBEN DANK !

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