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Bastei Lübbe
1996

Bookcrossers-Überraschung!
Das ist ein Buch aus der Bücherkiste, die ich von recyclemouse erhalten habe. DANKE!

So schöne, interessante Bücher werde ich wohl zuerst lesen (müssen), bevor sie dann entsprechend verteilt werden.

Rückentext
Sein Reichtum war unermesslich, "seine Lebenskraft unerschöpflich", seine Taten als Bauherr und Friedensfürst, als Dichter und Weiser, legendär. Aber neben den Idealisierungen gibt es auch jene Stimmen, die von einem finsteren Rächer erzählen, dem Brudermord und Blutrache anhafteten, der seinem Volk in unerbittlicher Fron die Tempel abpresste, die zu seinem Ruhm gereichen sollten. König Salomo, der Namensgeber des sprichwörtlichen salomonischen Urteils, erscheint manchem eher als eine Gestalt aus dem Märchen denn als historische Figur.
Rolf Beyer hat die Persönlichkeit Salomos hinter den schillernden Legenden aufgespürt. In diesem Buch gibt er ein Bild der historischen Person, das zwischen Idealisierung und Dämonisierung liegt.

Mit zahlreichen Abbildungen | Zehn Seiten Anmerkungen | Abkürzungsverzeichnis | Literaturliste | Bildnachweis und Register

Ein aufschlussreiches Buch, das ich gerne gelesen habe. Es zeigt einen Salomo und die Königin von Saba aus einer völlig anderen Sicht, als ich es bisher aus der Bibel (wenig) vernahm.
Wissen ist Macht heißt bei uns ja noch ein Sprichwort, was die Bibelschreiber in umgekehrten Sinne eingesetzt haben. Was sie nicht wollten, dass es weiter erzählt wird, wurde auch nicht aufgeschrieben. Außerdem haben sie alles, was nicht in ihr religiöses Weltbild passte, verschwiegen. Zitat S. 58: Ungeklärt bleibt in der biblischen Überlieferung, warum Salomo ausgerechnet Gibeon aufgesucht hat. Das hängt damit zusammen, dass die "Deuteronomistischen Redaktoren" die achricht über das Opferfest in Gibeon als sehr peinlich empfunden haben und deshalb schnell über sie hinweggegangen sind. Für sie war allein Jerusalem die einzig zugelassenen Opferstätte. Zitatende

Dass ich erkenne, was ist gut und böse ist.
Die Traumoffenbarung in Gibeon alsAusgangsbasis zu einem Salomo, dem Friedensfürsten und einem liberalen, weltoffenen König, der eine Ära des friedlichen Zusammenlebens geschaffen hat und alles Kriegerische aus dem bisherigen Reich taktisch klug und weitsichtig umgedeutet, in sein Reich eingebunden hat. Zitat S. 117: Kehren wir jetzt wieder zur nüchternen Historie zurück, so sei noch einmal betont, dass Salomos Harem Ausdruck seiner Bemühungen war, mit seinen Nachbarn in Frieden zu leben. Doch wie gestaltete sich seine Friedenspolitik im Innern? [...]
Die Liste [Anm.: Bezirkseinteilung Israels] überliefert die Aufteilung Israels in zwölf Regierungsdistrikte, denen jeweils ein Regierungsbeamter vorgesetzt war. Doch schon naht eine überraschende Entdeckung: Der Stamm Juda einschließlich der Königsstadt Jerusalem wird nicht aufgeführt. Die Distrikteinteilung bezog sich allein auf Nordisrael. Was hat das zu bedeuten?
Offensichtlich spiegelt sich in der Liste jene "urisraelitische" Tatsache wider, die in der Geschichte Altisraels immer eine maßgebliche Rolle gespielt hat: Der Dualismus zwischen Nord- und Südisrael. [...] Auch Salomo konnte den Dualismus nicht aufheben. Juda bleibt Königsland, ausgestattet mit einer Sonderrolle, welche die Einbindung in ein einheitliches Staatswesen verhinderte. So war es von Anbeginn an und so blieb es auch weiterhin. Unmittelbar nach Salomos Tod (926 v. Chr.) spaltete sich das bis dahin in der Personalunion des Königs zusammengehaltene Reich wieder in die beiden Staaten. Jerusalem war danach nicht mehr die Hauptstadt Gesamtisraels, sondern nur noch des Staates Juda. Zitatende

Königin von Saba
Die Königin hat die Phantasie der Geschichtenschreiber beflügelt - mit erstaunlichen Legenden, die die Königin zzur dämonischen Persona non grata oder zur verklärten Ikone hochstilisierte.
Salomo besuchte die Königin in ihrer Residenz in Mari, Jemen, mehrmals und lud sie zu einem Besuch in sein reich ein. Sie besuchte Salomo (S. 207) "mit schwerem Aufgebot" in Jerusalem - ein deutlicher Hinweis, dass die Königin auch in militärischer Hinsicht wohlgerüstet auftrat. [...] Wir erinnern uns, dass Salomo den Handel förderte und für Israel eine Monopolstellung im Transithandel von ferden und Streitwagen aufbaute. Sah die Königin von Saba dadurch eigenen Handelsinteressen bedroht? Auszuschließen ist das nicht, aber die Bibel schweigt zu diesem Thema.

Weiter wurde ein Aspekt auf den Rätselwettbewerb gelegt, der nach der Auffassung des Autores eher ein "Wettkampf der Geschenke" war. Salomo wird als "kenntnisreich in Sachen weiblichkeit" bezeichnet, denn er hat wohl durchweg die Fragen der Königin beantworten können, die nach machtvollen Frauengestalten raten ließ. So hat er auch bei der Lösung der gleichgekleideten Jungen und Mädchen das passende Geschlecht erraten. Wie er das anstellte, möge die Leserschaft bitte selbst nachlesen (S. 208).
Mit welcher List, Salomo den Beischlaf mit der Königin von Saba erreicht, ist in der äthiopischen Kebra Nagast erwähnt - nachzulesen auf S. 203. Er wird hier als listiger, lüsternder König dargestellt.

Die Umwandlung der Bundeslade
Die Bundeslade, die unter allen bisherigen Königen - auch unter Salomos Vater David - mit auf die kriegerischen Streifzügen, mitgetragen wurde, stand im Tempel im Allerheiligsten. König David, sein Vater, hat ein Nomadenzelt für die Bundeslade errichtet, da er keinen Tempel bauen sollte. Salomo selbst hat der Bundeslade seinen Platz in seinem Tempel wieder im Allerheiligsten zurückgegeben. Er hat aber die kriegerischen Symbolik aufgebrochen, in dem er die Bundeslade quer zur Blickrichtung stellte und sie von zwei Cherubinen bewachen ließ, die ihre Flügel über der Bundeslade ausbreiteten.
Damit hat er JAHWE seine Platz im Allerheiligsten bewahrt, er sitzt aber auf den Flügeln der Cherubinen. So wurde dem kriegerischen JAHWE ein friedlicher Thron gestaltet, der offensichtlich auch die unterschiedlichen Gotteheiten akzeptiert, die durch die Frauen des Salomo Einzug hielten.

Salomo hat in weiser Voraussicht, die privaten Götter seiner Frauen in die Öffentlichkeit geholt, in dem er jeweils dem Gott einen Tempel bauen ließ. So gab es zur Regierungszeit Salomos ein friedliches Nebeneinander der Götter mit JAHWE, der ja nun ein eifernder Gott war, der keine anderen Götter neben sich duldete. Salomo hat in seinem Jerusalemer Tempelkult Aspekte des Baalkultes aufgenommen und abgewandelt (S. 303f): "Nicht mehr Baal ist Herr über das Chaos, sondern JAHWE, nicht Astarte-Aschera spendet Leben, sondern JAHWE. [...] Die Perspektiven sind faszinierend und zugleich weitreichend. Sie machen den Tempelberg zum Paradies."

(S. 306) "König Salomo ging es im tiefsten um eine Vermittlung von Geschichtsreligion und Naturreligion. Dieses Vorhaben Salomos ist nicht mehr aktuelle. Doch auch heute geht es um einen epochalen Vermittlungsauftrag, nömlich jenemder von Menschen gemachten Geschichte und die vom menschen verstümmelte Natur wieder in ein Gleichgewicht zu setzen. Salomos religiöse Weisheit käme heute zum Tragen, würde diese epochale Verantwortung wahrgenommen werden."

"Alles ist eitel" - die Tragik eines Königs
Salomos Friedenskönigstum, das Opferfest in Gibeon und der Tempelbau in Jerusalem hat Menschengewalten gebannt: Er hat die Rechtsbeziehungen von religiöser Bevormundung befreit, statt auf Krieg setzte Salomo auf Diplomatie und Handel, auf wirtschaftliche Entwicklung, überhaupt auf alles, was nur in Frieden gedeihen konnte.

Eine offene Frage wird bleiben:"Was ist stärker?" Jene Hingabe an ein einmaliges Friedenswerk, das den Menschen befreite, Toleranz übte, schöpferische Werke hervorbrachte - oder die nüchterne Einschätzung von Vergänglichkeit, Endlichkeit und Eitelkeit allen menschlichen Strebens. (S. 314)

Ist auf der Station 2B freigelassen worden

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